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■ Studie über Ausländerfeindlichkeit bei der PolizeiInnere Einstellung

50.000 Mark war den Innenministern des Bundes und der Länder die Studie über Fremdenfeindlichkeit in der Polizei wert. Zuwenig für ein empirisches Untersuchungsergebnis, zuviel, um aus der Verantwortung entlassen zu werden. Die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht und die demokratische Rechtsstaatlichkeit fordern die Auftraggeber der Studie zum Handeln auf. Trotz dieses Zwangs erhielt der Abschlußbericht den Vertraulichkeitsstempel, um erst einmal in den Schubladen zu verschwinden. Die Brisanz des Materials wurde von der Innenministerkonferenz am 15.12.1995 nicht erkannt. Dort wurde die Studie lediglich zur Kenntnis genommen und Vorschläge für Konzepte delegiert.

Dies vor dem Hintergrund, daß auch strukturelle Mängel innerhalb der Polizei für fremdenfeindliches Verhalten verantwortlich gemacht werden und es unter den gegebenen Umständen jederzeit zu illegaler Gewalt durch PolizistInnen kommen kann. Allein diese Erkenntnis belegt die Gefahr für die Rechtsstaatlichkeit und bestätigt die Opfer illegaler Polizeigewalt, die von Strafanzeigen absehen, weil der polizeiliche Korpsgeist die Chancen einer rechtlichen Aufklärung gegen null tendieren läßt.

Verharmlosend und zu einfachen Lösungen anregend wirkt die Studie, wenn sie die dienstlichen Streßfaktoren in den Vordergrund rückt. Streß kann lediglich eine sekundäre Bedeutung haben. Daß Fremdenfeindlichkeit und Rassismus mit einer inneren Einstellung zusammenhängen, belegt die Erkenntnis, daß „die mangelhafte justitielle Verarbeitung von Anzeigen ... die Beamten am Sinn ihres Handelns zweifeln lassen“. Welch ein gefährliches Rechtsverständnis, welch mangelhafte Geschichtskenntnisse und welche Vorstellungen von Gewaltenteilung müssen PolizistInnen verinnerlicht haben, wenn sie ihre angebliche Erfolglosigkeit offenbar auf Randgruppen projizieren und zu Selbstjustiz neigen. Als Garanten für den demokratischen Rechtsstaat sind sie ungeeignet.

Hilfreich ist in derartigen Fällen auch keine Rotation des Personals, die ausschließlich dazu führt, daß die Problematik rotiert. Demokratische Strukturen im Polizeiapparat, Supervisionen, eine gesellschaftsorientierte statt eine kasernierte Ausbildung, Eigenverantwortlichkeit und kooperativer Führungsstil sind nur einige der Stichworte, die zu einer veränderten Einstellung der PolizistInnen führen würden. Jürgen Korell

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