: 200 Mark Heizkosten im Jahr
Internationale Baufachmesse „bautec '96“ eröffnet. Trotz eines Schwerpunktes „Holz“ gibt es keinen Wegweiser für ökologische Baustoffe ■ Von Torsten Teichmann
Das „Märkische Haus“ ist ein „biologisches Niedrigenergiehaus“, errichtet in Fachwerkbauweise, mit Solartechnik auf dem Dach und Regentank für die Toilettenspülung. „Was Besseres bekommen Sie nicht“, sagt Andrea Manneschmidt von der brandenburgischen Landesentwicklungsgesellschaft (LEG), die das Haus mit entwickelte.
Zu sehen ist das Einfamilienheim noch bis zum Sonntag auf der internationalen Baufachmesse „bautec '96“ im Messegelände unter dem Funkturm. Auf den über 100.000 Quadratmetern herrschte am ersten Tag großer Andrang des Fachpublikums. Insgesamt zeigen 1.200 Firmen aus 28 Ländern ihre Produkte unter dem Messemotto „Neubau und Sanierung“. Viele Unternehmer rechnen in diesem Jahr mit einer schwächeren Konjunktur in der Branche.
Im Frühsommer dieses Jahres soll das erste „Märkische Haus“ als Modellhaus in Friesack bei Nauen fertiggestellt werden, erklärt Ingeneuirin Manneschmidt. 1997 soll in Werder an der Havel eine Siedlung von 60 Eigenheimen errichtet werden. Entwickelt wurde das Haus in Zusammenarbeit mit den Universitäten von Dortmund, Bochum und München.
Die Holzständer und Rahmen des „Märkischen Hauses“ sind aus brandenburgischer Kiefer gezimmert. Die Hauswand ist mit einer 16 Zentimeter dicken Schicht aus einem Gemisch von Altpapier, Holzwolle, Unkraut und Hanf gedämmt, die biologisch abbaubar ist. Durch die gute Dämmung und ein spezielle Be- und Entlüftungsanlage sinken die Heizkosten auf 200 Mark im Jahr, so Manneschmidt. Das 118 Quadratmeter große Familienhaus kostet zur Zeit 265.000 Mark. Auf lange Sicht will die LEG den Preis duch Fertigbauweise senken.
Holz ist ein Ausstellungsschwerpunkt auf der diesjährigen „bautec“. Auch die skandinavischen Holzexporteure spüren den Trend zum umweltbewußten Bauen. „Wir hatten die Ökologiediskussion in Schweden vor vier Jahren“, sagt Guinnar Linderholm, Sprecher am schwedischen Ausstellungsstand. „Jetzt haben wir die Lösungen und können sie auf dem deutschen Markt anbieten.“ Holz sei billiger, besser zu verarbeiten und umweltneutral, so der Schwede.
Wer ökologische Baustoffe sucht, wird auf der „bautec“ allerdings ziemlich allein gelassen. Eine besondere Kennzeichnung für solche Produkte und Materialien gibt es nicht. Die Messe- Hostessen reagieren auf die Frage nach umweltgerechten Produkten meist mit Kopfschütteln und verweisen auf den Firmenkatalog. Wer interessiert ist, die durchaus vorhandenen Lösungsansätze zu begutachten, muß in den 26 Hallen suchen. Dabei können auch große Aussteller wie Eternit nicht länger am Trend zum Ökohaus vorbeigehen.
Was kleinere Unternehmen seit Jahren bieten, gibt es nun auch bei Eternit. Die Fassadenfirma sehe bei der Solartechnik einen wachsenden Markt. Elf Quadratmeter Solarzellen kosten 27.700 Mark und leisten eine Kilowattstunde, damit spart eine Durchschnittsfamilie im Jahresmittel 25 Prozent der Energiekosten ein. Den späten Einstieg in diesen Zukunftsmarkt erklärt Lemme mit der geringen Unterstützung für Unternehmen von staatlicher Seite.
Die umweltbewußten Angebote richten sich meist an Eigenheimbauer. „In Berlin wurde ökologischer Großbau vor Jahren ergebnislos diskutiert“, sagt Bernhard Weyres von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. Der Verein berät Unternehmen und EigenheimbauerInnen bei der Errichtung ihrer Häuser. Doch die Investoren von Regierungsviertel und Potsdamer Platz haben bei ihm bisher nicht angefragt.
Ausstellung ist noch bis Sonnntag von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Eintrittspreise: 18 Mark, Ermäßigt: 13 Mark. Dauerkarte: 45 Mark
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen