■ Der Herausforderer von Bill Clinton steht fest: Bob Dole: Saxophonist gegen Senator
Bill gegen Bob – so also lautet das Finale. Baby Boomer gegen Veteranen aus dem Zweiten Weltkrieg. Charmanter Amtsinhaber gegen grummeligen Herausforderer. Saxophonist gegen Senator. Wahlkampf-Junkie gegen Stimmungstöter. Trotzdem wäre verrückt, wer jetzt schon sein Geld auf einen Wahlsieg Bill Clintons verwetten wollte. Das weiß Clinton selbst am besten, dem im März vor vier Jahren auch noch keiner einen Sieg über Bush zugetraut hatte.
Bill Clinton hat die letzten beiden Amtsjahre gegen die republikanischen „Revolutionäre“ im Kongreß mit einer Strategie überstanden, die ihn im Wahlkampf gegen Bob Dole teuer zu stehen kommen könnte: Er hat sich von der anti-etatistischen und sozial-konservativen Kreuzzugsrhetorik von Gingrich und Co. distanziert, ihre Ideen jedoch zu einem großen Teil kooptiert. Mit Bob Dole steht ihm nun aber ein Kandidat gegenüber, der alles daransetzen wird, sein Image als moderater Republikaner aufzupolieren: sozial und fiskalpolitisch konservativ, aber mit deutlicher Distanz zur christlichen Rechten und zu den Gingrich-Republikanern. Die beiden großen Parteien und ihre Spitzenkandidaten sind programmatisch immer weiter aneinandergerückt. Die Frage des „sauberen Charakters“ – in der öffentlichen Wahrnehmung nicht gerade Clintons starke Seite – könnte deshalb zu einem Wahlkampfschlager werden.
Clinton wiederum hofft auf einen Wahlkampfhelfer aus dem anderen Lager: Pat Buchanan. Der Rechtspopulist vereint mindestens ein Viertel des republikanischen Wählerpotentials. Seine Mission ist es, mit diesem Trumpf die Partei auf seinen „Krieg um Amerikas Seele“ einzuschwören und Dole zu einem noch radikaleren Anti-Abtreibungs-Kurs zu zwingen, als dieser ohnehin eingeschlagen hat. Dole kann sich nun aussuchen, ob er einen Eklat mit Buchanans Gefolgschaft auf dem Parteitag riskieren oder den moderaten Parteiflügel und eine Wählergruppe vergraulen will, die durch den Schmusekurs der Republikaner mit der christlichen Rechten schon bei den letzten Wahlen verschreckt worden sind: wirtschaftlich konservative, aber sozial moderate Frauen.
Von denen empören sich viele nicht nur darüber, daß Buchanan und Dole einen Schwangerschaftsabbruch selbst bei Gefahr für die Gesundheit der Mutter ablehnen. Sie reagieren im Gegensatz zu Männern skeptisch bis kritisch auf die „Hau-weg-den-Staat“- Mentalität der Republikaner im Kongreß. „Angry white women“ könnten deshalb am Wahltag den Ausschlag geben. Andrea Böhm, Washington
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