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Keine Angst vor Basisdemokratie

■ Ein Plädoyer für mehr Erziehung mit weniger Geld: Das Beispiel Waldorfschule

Es ist bemerkenswert, daß dieselben Menschen, die über Planwirtschaft nur müde lächeln, Planerziehung selten hinterfragen. Erziehung entwickelt sich besser aus dem lebendigen Zusammenspiel zwischen Schülern, Eltern und Lehrern als aus Durchführungsbestimmungen eines schwerfälligen Schulverwaltungsapparates.

Betreibt man Schulen nicht am besten durch Lehrer und Eltern, die gemeinsam ihre Schule gestalten und bereit sind, Verantwortung zu übernehmen? Sollte man nicht anstreben, das Betreiben von Schulen, abgesehen von Aufsicht und Finanzierung, weitmöglichst aus der zentralen Planung und dem Tauziehen der staatlichen Politik herauszunehmen?

Freie Schulen leisten mehr mit weniger Geld als Schulen in staatlicher Trägerschaft. So kostete ein Schüler einer staatlichen Schule 1993 in den alten Bundesländern im Schnitt etwa 10.000 Mark. An Freien Waldorfschulen dagegen waren es nur rund 8.000 Mark. Mit diesem Geld wurde in der Regel auch noch ein besonders reiches Förderangebot geschaffen. Der Staat übernimmt dann durchschnittlich nur 80 Prozent der laufenden Kosten der freien Schulen. Allein durch die Waldorfschulen wurden 1993 dadurch etwa 200 Millionen Mark gespart. Insgesamt sparten die Schulen in freier Trägerschaft dem Staatssäckel deutlich mehr als eine Milliarde Mark.

Finanziell privilegiert der Staat diejenigen öffentlichen Schulen, die er selber betreibt. Den freien Schulen legt der Staat viele unnötige Hürden in den Weg. Oft müssen sie jahrelang finanzielle Durststrecken überstehen. Schnell häuft sich dann ein Schuldenberg an. Ohnehin verlangt eine Aufbausituation erhebliches Engagement der Träger, auch in finanzieller Hinsicht. In der Wirtschaft hingegen, werden Neugründungen gerade besonders gefördert.

Das freie Schulwesen wird erst richtig erblühen, wenn auch ihm volle Kostendeckung gewährt wird. Das bislang notwendige Schulgeld widerspricht schon der Chancengleichheit der Schüler, da es für einkommensschwache Eltern abschreckend wirken kann. Insgesamt würde Schule langfristig durch volle Kostendeckung der freien Schulen sogar kostengünstiger werden. Denn diese ökonomisch leistungsfähigeren Schulen könnten dann teurere Staatsschulen ersetzen.

Alle Schulen werden in Deutschland vom Staat beaufsichtigt und genehmigt. So will es das Grundgesetz. Selbst bei einer weitgehend autonomen Schullandschaft könnte also nicht jedermann beliebig Schule betreiben. Die noch weit verbreitete Angst vor Schule mit mehr Autonomie ist eine Angst vor Basisdemokratie. Detlef Hardorp

Der Autor ist Mitarbeiter in der Arbeitsgemeinschaft der Waldorfschulen Berlin/Brandenburg

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