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■ VorschlagStrategisch: Olaf Metzels Fußball-Museum im Art Acker

Der Raum ist ungewöhnlich weiß, still und leer. Ein Dutzend fein gerahmte Blätter, das ist die ganze Ausbeute in der sechsten und letzten Folge des von Angelika Stepken kuratierten „Museum“-Projekts im Art Acker – für einen Künstler wie Olaf Metzel, der sonst zerklüftete Basketballfelder ineinandertürmt, nicht sehr viel. Fast sieht es nach Rückzug aus, als wollte der verschmähte Berliner Ruinen- Skulpteur, der jetzt in München der Kunstakademie als Rektor vorsteht, Frieden machen ohne Waffen. Statt zerflexten Asyl-Containern gibt es schlichte Namenslisten, statt Stammheim-Kränzen oder „Wurfgeschoß und Zwille“ zarte Buntstiftstriche auf Papier.

Der Witz kommt erst, wenn man länger schaut. Die scheinbar konstruktiv angelegten Zeichnungen sind voll von taktischen Finessen: Mannschaftsaufstellungen des amtierenden türkischen Fußballmeisters Besiktas, Trainingspläne und ausgeklügelte Eckballvarianten. Nicht Metzel, sondern Christoph Daum hat sie angefertigt. Die Arbeit geht auf eine Ausstellung in Istanbul zurück. Bei der Biennale 1995 hatte Olaf Metzel das Häuschen des Platzwarts als Ready-made in die Halle gestellt und mit allerlei Merchandise behängt. Zur Eröffnung kam die Mannschaft von Besiktas samt Trainer Daum, gab Interviews und ließ sich gemeinsam mit dem hocherfreuten Metzel fotografieren. Die Artikel erschienen anstelle des Feuilletons im Sportteil. Der Künstler hatte das Team gewechselt.

Die museale Darbietung in der Ackerstraße verwandelt den Kontext zurück. Die fußballeigene Logik vom „Kick and Rush“-Spiel bis zur Abseitsfalle bildet nun den abstrakten Rahmen für Assoziationen in Sachen Kunstbetrieb. Es geht ja dort auch durchweg um Strategien, darum, wie man im Netz aus Markt, Galerien und Kuratoren am Ball bleibt. Insofern lassen sich die von Metzel als Fundstücke gesampelten Anweisungen durchaus wörtlich auf Situationen rund um die eigene Eröffnung übertragen: „Aufbautraining“, danach „Presse von 12-12.30“ und schließlich zurück ins Hotel. Denn Kunst ist rund, und die nächste Ausstellung immer die schwerste.

Andererseits liegt dem ganzen Szenario auch etwas sehr Poetisches zugrunde. Schließlich steht jeder sorgsam positionierte Name für einen Spieler, jeder Strich für eine Aktion auf dem Feld, das dem ästhetischen plötzlich gleicht. Und so hat am Ende jedes einzelne Blatt im Kabinett den Charakter einer Skizze für eine mögliche Performance. Olaf Metzel denkt immer dreidimensional und aktionsbereit, selbst wenn er nur ein paar Zettel an die Wand pinnt. Harald Fricke

Bis 8. 6., Do/Fr 16-19, Sa 11-14 Uhr, Ackerstraße 18, Mitte

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