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■ VorschlagGlasierte Kamele: Usbekistan- Ausstellung im Völkerkundemuseum

Abenteuerlich war die Reise. Von China führte sie durch die Wüste Gobi nach Transoxanien, zu den sagenumwobenen Städten Samarkand und Buchara. Hier trafen sie zusammen: die Karawanen aus Delhi und Kabul, aus Europa und Fernost. Buddhistische und islamische, jüdische oder römische Händler tauschten ihre Waren, zogen zum Reich der Mitte oder ans Mittelmeer. Was sie auf der Seidenstraße transportierten, ist jetzt im Dahlemer Völkerkundemuseum zu sehen. „Usbekistan. Die Erben der Seidenstraße“ heißt die Ausstellung über eine versunkene Welt.

Kasachen und Tadschiken, Kirgisen und Turkmenen sind heute die Nachbarn des Landes im Süden der ehemaligen Sowjetunion. Fünf Jahre ist die GUS-Republik Usbekistan alt, die immerhin fast so groß ist wie Schweden und neben reichen Ölquellen auch den fünftgrößten Goldschatz der Welt besitzt. Und eine spektakuläre Kunstgeschichte, die in Europa kaum jemand kennt. Wie es aussah, das Land, das in der Antike Transoxanien hieß, das wußte auch der Kaiser von China nicht, als er 138 v. Chr. den Abenteurer Zhan Qian beauftragte, die Gebiete westlich der Großen Mauer zu erkunden. Von seiner geheimen Mission brachte der Globetrotter arabische Pferde mit, die bald im chinesischen Militär eingesetzt wurden. Die Vierbeiner des Nachbarn begann man gegen Seide einzutauschen: die Geburtsstunde des Seidenstraße. Das Netz von Handelswegen zwischen China, Indien und Persien wurde zur ökonomischen Schlagader Zentralasiens. Auf Kamelrücken schaukelten hier Kunstschätze und Schriften aus dem Morgen- und Abendland entlang: Glas aus Europa und Baumwolle aus Indien, persisches Silber und chinesisches Porzellan. Wie sie hergestellt wurden, die filigranen Keramiken und aufwendigen Seidenbrokate, die heute in der Vitrine liegen, wurde jahrhundertelang geheimgehalten. Industriespionage war an der Tagesordnung, um an Patente von Papierherstellung, Medizin oder Seidenspinnerei zu kommen.

Wer vor glasierten Tonkamelen mit schreienden Reitern, teppichdicken Spitzhüten islamischer Wanderderwische oder arabischen Kalligraphien steht, bekommt eine Ahnung von der faszinierend widersprüchlichen Identität Usbekistans. Mehr als eine Ahnung wird es aber nicht sein. Denn über die Bewohner der Städte, auf deren Märkten gefeilscht, unter deren Dächern getöpfert und gewebt, studiert und geheiratet wurde, ist kaum etwas zu erfahren. Die Erben der Seidenstraße bleiben unsichtbar. Constanze von Bullion

„Usbekistan – Erben der Seidenstraße“, bis 1.12., Di-Fr 9-17, Sa/So 10-17 Uhr, Völkerkundemuseum, Lansstraße 8

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