„Feuer geben, draufgehen, ein Tor machen“

■ Das 2:0 gegen Polen bestätigt die Absicht von Bundestrainer Berti Vogts, mit unverändertem Team die Qualifikation für die Fußball-WM 1998 anzugehen

Zabrze (taz) – Berti Vogts hat es gut. „Ich habe jetzt Urlaub bis zum Armenien-Spiel“, sagt er. Natürlich hat er keinen Urlaub. Doch wenn er sich jemals entspannt fühlen sollte, dann wäre jetzt die Gelegenheit. Anfang Oktober geht es nach Eriwan zum ersten WM- Qualifikationsspiel, und der Bundestrainer glaubt im Moment alles ziemlich im Griff zu haben. Das lockere 2:0 beim mittwöchlichen Test gegen Polen hat ihn nur in der Meinung bestätigt, daß alles gut ist, so wie es ist.

Im Gegensatz zum DFB-Team ist Antoni Piechniczeks Mannschaft, wenn man das positiv formulieren will: im Umbruch. Das 0:2 war das 12. Spiel in Folge ohne Sieg. Die polnischen Perspektiven vor dem WM-Auftakt im Wembley-Stadion in fünf Wochen sind vage. Piechniczek scheint das auch so zu sehen. Er mochte nur bescheiden hoffen, „daß wir die Deutschen über weite Strecken trotzdem gefordert haben“. Da allerdings kam er bei seinem ungnädigen Gast Vogts an den Falschen. Ein höheres Ergebnis, sagte der, „hätte, nein, müßte zu erreichen gewesen sein“.

Allerdings spielten die Polen wirklich nur bescheiden mit, und auch das nur vor dem Wechsel. So kam es, daß die Innenverteidigung Helmer/Kohler gegen den uneffektiven Warszycha einen angenehmen Abend verlebte. Auch der Rest brauchte bloß seinen Aufgabenbereich – erst etwas nachlässig, nach der Pause etwas solider – abwickeln. Nur der eingewechselte Scholl verknüpfte Dienst mit Schnaps. Selbst der Torjubel hielt sich in Grenzen. „Wir wußten, daß es hier kaum etwas zu gewinnen gibt“, sagte Jürgen Klinsmann. „Wir mußten halt schauen, daß wir den Sieg einfahren.“

Die Art und Weise, wie man es tat, soll Vorbildfunktion haben für die kommenden Aufgaben. Es geht gegen Teams, für die ein Remis „ein Riesenresultat“ (Klinsmann) wäre. Dagegen wird die bewährte EM-Strategie des Kapitäns angewandt: „Feuer geben, draufgehen und gleich ein Tor machen.“ In Zabrze war das 0:1 nach einer knappen halben Stunde geglückt, als Ziege auf den Kopf von Bierhoff flankte. Das 2:0 war schöner: Da hatte Häßler einen Scholl-Paß volley zur Mitte bugsiert und der schon leicht unwirsche Klinsmann doch noch getroffen (89.). Es war sein 40. Tor im 90. Spiel.

Die polnische Frage, ob Vogts nun „das beste Team der Welt“ trainiere, ließ den sogar lächeln: „Heute war es das beste Team im Stadion.“ Doch es ist klar: Nachdem vorlaute Mitläufer gerüffelt (Strunz) und abgestraft (Scholl) sind, soll all das weitergehen, was in England wunderbare Erfolge brachte. Drum hatte Vogts schließlich – wie weiland Schön im Herbst 1972 – die Zeit angehalten und nur EM-Sieger mit nach Zabrze genommen. Aber es gibt noch einen anderen Grund: Er weiß keinen, der das Team sofort weiterbrächte. Wenn man ihm Namen vorschlägt (Effenberg, Illgner) wird er sogar konkret und sagt forsch, er glaube, „daß wir diese beiden Spieler nicht mehr brauchen“. Auch Jürgen Kohler soll es nun offenbar bis nach Frankreich schaffen, und selbst Thomas Häßler hat versprochen, „daß es beim nächsten Mal besser aussieht“.

Während also Klinsmann und der Rest nun auf Vereinsebene wieder versuchen, „sich alle paar Tage anzufeuern und zu motivieren“, kann Vogts nun nur noch entspannen. Zwei Jahre lang. Hm, vermutlich doch nicht. Erstens entspannt er nie. Zweitens wird sich neue Aufregung schon irgendwo finden lassen. Peter Unfried

Deutschland: Kahn - Helmer - Kohler - Reuter (79. Babbel), Eilts, Strunz, Ziege (46. Bode) - Häßler, Möller (56. Scholl) - Klinsmann, Bierhoff (76. Bobic)

Zuschauer: 12.000; Tore: 0:1 Bierhoff (28.), 0:2 Klinsmann (89.)

Polen: Szczesny - Zielinski - Jozwiak, Wojtala - Lewandowski (46. Ledwon), Michalski, Brzeczek, Hajto - Staniek (46. Saganowski), Czerwiec - Warzycha