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Auf dem Enthusiasmus aufbauen

Der gelungene Start der Basketball-Profiliga ABL am letzten Wochenende in den USA gibt den Spielerinnen Hoffnung, daß auch die Konkurrenz durch die NBA-Frauenliga verkraftet werden kann  ■ Von Matti Lieske

Der Anfang war vielversprechend. 8.767 Zuschauerinnen und Zuschauer sahen am letzten Freitag in Hartford/Connecticut das erste Match der neuen American Basketball League (ABL). Die Frauen von New England Blizzard schlugen Richmond Rage 100:73, mit von der Partie bei den Verliererinnen auch die Leichtathletin Jackie Joyner-Kersee, die in sechs Minuten Spielzeit zwei Punkte erzielte.

Nachdem in der Vergangenheit mehrere Versuche, eine Profiliga für Frauen in den USA ins Leben zu rufen, gescheitert waren, sorgt die gewachsene Popularität des Women's Basketball, vor allem durch die großartigen Vorstellungen des US-Teams bei den Olympischen Spielen in Atlanta, dafür, daß nun gleich zwei neue Projekte gestartet werden. Im nächsten Sommer will die National Basketball Association (NBA) mit ihrer WNBA beginnen, deren acht Teams während der Sommerpause der Männer in deren Hallen spielen sollen. „Es ist höchste Zeit“, lautet der Werbeslogan der NBA, und Carol Blazejowski, Mitglied der Hall of Fame und als Direktorin für die WNBA zuständig, kann dies nur unterstreichen: „Wir müssen auf dem unglaublichen Interesse und Enthusiasmus für den Frauen-Basketball aufbauen.“

Die Zuschauerzahlen bei den College-Spielen haben sich in den letzten vierzehn Jahren vervierfacht, in Atlanta wurden die Partien der Frauen häufig von mehr als 30.000 Leuten gesehen – und dies nicht nur, wenn die USA auf dem Parkett standen. „Der größte Schock bei Olympia“, erzählt Tara VanDerveer, die das US-Team zur Goldmedaille coachte, „war für mich, als ich zu Australien–Korea in den Georgia Dome ging und dort 25.000 Menschen vorfand. Australien–Korea!“ Gary Cavalli wäre schon mit erheblich weniger Publikum zufrieden. „Um im ersten Jahr keine Verluste zu machen, brauchen wir durchschnittlich 3.000 Zuschauer“, erläutert der Mitbegründer der ABL.

Dies ist keine allzu kühne Hoffnung, denn mit Bedacht wurden für die Liga Städte ausgewählt, die „bewährte Märkte für Frauen- Basketball sind“ (ABL-Chef Steve Hams). Die acht Teams, die während ihrer regulären Saison je 40 Spiele bestreiten, sind in Atlanta, Richmond, Columbus, New England (Hartford und Springfield), Denver, Portland, San Jose und Seattle angesiedelt. Hauptattraktion sind natürlich die Akteurinnen vom Olympiateam, hinzu kommen berühmte Namen wie Marta (Brasilien), Jackie Joyner- Kersee oder die anderer Weltstars. Ausgerechnet vier der populärsten Spielerinnen sind jedoch zum Leidwesen der Organisatoren nicht dabei. Lisa Leslie, in Atlanta überragend, will lieber ihre Karriere als Model betreiben, Rebecca Lobo eine Pause einlegen, Katrina McClain spielt für 500.000 Dollar in der Türkei (der Höchstlohn in der ABL beträgt 125.000 Dollar, Durchschnitt: 70.000) und Sheryl Swoopes liebäugelt mit der Konkurrenz. Im Gegensatz zur NBA, die sich im Bewußtsein ihrer ökonomischen Macht großzügig gibt, will die ABL ihren Spielerinnen nämlich verbieten, für die WNBA auf Korbjagd zu gehen. „Wir müssen eine Identität für unsere Liga schaffen“, begründet Gary Cavalli die restriktive Maßnahme.

„Beide Ligen können nebeneinander existieren“, hält NBA-Commissioner David Stern dagegen, widerspricht sich aber im nächsten Satz selbst: „Wir glauben nicht, daß eine Frauen-Liga im Winter funktionieren kann.“ Zu groß sei die Konkurrenz von Football, Hockey und den männlichen Stars der NBA. Im Gegensatz zur ABL, die sich mehr über Zuschauer und Sponsoren wie Reebok oder Lady Foot Locker finanzieren will, setzt die NBA auf Mattscheiben-Präsenz. „Die einzige Zeit, zu der wir ins Fernsehen kommen können, ist der Sommer“, sagt Carol Blazejowski.

Für die ABL-Gründer war es zunächst ein gewaltiger Schock, als die NBA ihr Vorhaben einer Frauenliga ankündigte, zumal ihnen sofort ein TV-Kontrakt mit ESPN durch die Lappen ging. Der Sender schwenkte zur WNBA über, für die ABL blieb nur der kleinere SportsChannel. Dann besannen sich die Protagonistinnen aber schnell auf ihren Stolz und kritisierten den Ansatz der mächtigen Basketball-Bosse als entwürdigend. Deren WNBA sei bloß ein NBA-Anhängsel, nicht mehr als ein Pausenfüller. „Wir wollen eine richtige Liga“, postuliert ABL- Mitgründerin Ann Cribbs, „und nicht irgendwas, das zwischen Traktorrennen und Disney on Ice untergeht.“ Jennifer Azzi, Star der San Jose Lasers, findet die NBA- Initiative sogar ermutigend. „Zuerst glaubte ich, das macht alles kaputt, wofür wir so hart gearbeitet haben“, sagt die Goldmedaillengewinnerin, die beim 78:70 zum Auftakt gegen Atlanta Glory im mit 4.550 Leuten ausverkauften San Jose Events Center 15 Punkte beisteuerte, „aber dann dachte ich, hey, wenn die mitmischen wollen, heißt es, daß wir auf dem richtigen Weg sind.“

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