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Schöne Braut, böse Tanten

■ Manch einer hätt' gern die "Süddeutsche Zeitung". Doch verkauft wird nicht, obwohl selbst einige ihrer Eigner sie gern los wären. Die streiten jetzt wieder

Unmittelbar nach dem Krieg konnte man durch Zufall zum Millionär werden und durch die Amerikaner zum Verleger. Die Lizenzpolitik der Besatzungsmächte begründete von Augstein bis Nannen die Presselegenden der Republik – in München aber gebar sie eine langandauernde Posse um fünf Familien, einen kleinen weißblauen „Denver Clan“. Als die Besatzer 1945 darangingen, den Bayern eine pluralistische Presse zu bescheren, holte man sich ein heterogenes Gespann: Einen einstigen Bauernsprecher sowie den Schriftleiter eines verflossenen Katholenblatts, dazu einen Sozialdemokraten. Kurze Zeit später machten zwei Heimkehrer das Quintett komplett, dessen Nachkommen bis heute den Süddeutschen Verlag (SV, 1,1 Milliarden Mark Umsatz) beherrschen, der mit der Süddeutschen die größte Abozeitung Deutschlands verlegt. Die fünf Verlegerstämme eint vor allem ein Interesse an dem Blatt, dessen „grün-roter“ Linie sie voller Unverständnis hinterhergranteln: Sie wollen Geld sehen.

All die Jahre war die SZ eine verläßliche Geldmaschine. Ein langjähriger Redakteur befand: Selbst wenn die Redaktionsstuben dereinst abbrennen sollten, würden die Anzeigenleiter der Münchner Kaufhäuser ihre Werbemillionen noch in die Glut schaufeln. Doch nun fiel in einem Jahr der Gewinn von 34,7 auf 3,5 Millionen. Zwei der Eigner streuten darauf letzte Woche wieder Verkaufsgerüchte, diesmal ging es um Verhandlungen mit dem Essener WAZ-Konzern. Der habe, laut Wirtschaftswoche, die verlangte Milliarde aber nicht zahlen wollen.

Das täten andere sofort: Gruner + Jahr ließ schon lange ein Interesse durchblicken. Der SV sei eben „eine schöne Braut“, kokettierte dessen Sprecher in seinem Dementi. Unter die Haube kommt sie vorerst dennoch nicht: Eine Klausel macht den Verkauf einzelner Anteile praktisch unmöglich. Die müßte der Veräußerer erst seinen Partnern anbieten, zu einem Bruchteil des Marktwerts.

Der Gewinnabsturz lag weniger an der nach wie vor soliden SZ, als an dem Vorhaben, ihr weitere Standbeine zur Seite zu stellen und den SV zu einem Medienkonzern zu machen. Dazu hatte man sich 1991 den Ex-IBM-Manager Reiner Maria Gohlke geholt, der schon bei Bundesbahn und Treuhand recht glücklos herumsaniert hatte. Beim Einstieg in die elektronischen Medien hatte sich Gohlke ausgerechnet das „Ereignisfernsehen“ Vox ausgesucht, wo er mindestens 70 Millionen vergrub. 10 Millionen kamen bei Neuakquisitionen im Osten hinzu. Beim Thüringer Freien Wort etwa wollte er mit der Brechstange sanieren und biß damit auf Granit. Ergebnis: Ein Haustarif, der kostet, und ein Verlagsobjekt, das beschädigt ist. Den Münchner Verlag blockieren ein erfolgloser Manager und Gesellschafter, die nicht einsehen, daß Investitionen Zeit brauchen.

Die SZ selbst steht im Vergleich derweil glänzend da: Mit 408.573 Auflage hat sie die bröckelnde der FAZ längst hinter sich gelassen, und anders als die Frankfurter Konkurrenz hat sie sich in Inhalt und Marketing früh um neue Zielgruppen bemüht. Und der Redaktion hat die Konstruktion der Amerikaner auf Umwegen doch noch eine gewisse Freiheit beschert: Solange die Verleger streiten, wird sie nicht an einen Konzern verkauft. Lutz Meier

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