: Brote, Bäume, Bilder
■ Kunsthaus: Die Künstler der zweiten Staffel der „Kunststreifzüge“ reflektieren ihren Bezug zur Natur
Mit „Urmusik“, deren Noten kleinste Fische erzeugten, und einer Performance, deren Donnerton von Membranen voller Erbsen stammte, wurde am Montag der zweite Teil der Kunststreifzüge eröffnet. Die Ausstellung im Kunsthaus läuft parallel zur gleichnamigen NDR-Fernsehreihe über insgesamt 14 Hamburger Künstlerinnen und Künstlern. Deutlich schöner gehängt als der erste Teil, bietet sie diesmal Arbeiten von sieben städtischen Künstler, die einen erstaunlich starken Bezug zur Natur haben.
Wo beim ersten Teil die Meereswelle der Fotografin Dörte Eißfeld hing, befinden sich jetzt die vom Meer selbst erstellten Drucke von Marianne Greve: auf Zinkplatten hinterließ das nasse Element Spuren, die in Prägedrucken zur Kunst wurden. Die „Helgoländer Naturätzungen“ erfüllen wörtlich den Begriff, der einst anstelle von Photographie benutzt werden sollte: „Naturselbstdrucke“. Ihr Foto-Triptychon „Verletzen, Vernarben, Verwachsen“ erhebt schließlich totemartig Bäume zu einem deutsch-deutschen Mahnmal.
Individueller sind die Mythologien, die die Fotografin Jaschi Klein ins Bild setzt. Eine Gruppe in seltsamer Erwartung am Strand, ein zum Pegasus verkleidetes Pferd und ähnliche inszenierende Eingriffe in leere Landschaften ergeben ihren typischen, unbestimmten Foto-Symbolismus.
An fast traumzeitlicher Übereinstimmung arbeitet Martin Conrad. Pflanzenformen überwuchern immer mehr seine bisher autonome Malerei. In einem „internen Vegetationskreislauf“ entstehen und verschwinden Naturformen, die der Künstler als eigene Schöpfung im Bild wieder hervorbringt.
Afrikanische Rituale sind die Inspiration für Maria Fisahn. Ihr Brot-Geld-Altar und die langen, farbtrunkenen Seidenbahnen grenzen einen Kultraum aus, dessen mögliche Schwingungen durch die zahlreichen trommelähnlichen Klangobjekte mit ihren Pflanzenkernen und Pigmenten repräsentiert werden. Kontemplation und Alchemie sind auch Voraussetzungen für die großflächige, lichte Farbmalerei von Beate Wassermann, die eher erfühlt als erklärt werden sollte. Erst im Dialog mit den Besuchern gewinnen die Personen Leben, die um ihre Erscheinung im Malmaterial zwischen Zeichnung und sparsam eingesetzter Farbe auf den Bildern von Friedrich Einhoff kämpfen.
Seltsame Veränderungen der Wahrnehmung fordern zersägte Stühle, Roller für Riesen, Radioplastiken und skurrile Sammlungen von Jadranko Rebec und erzählen kleine Geschichten zu verschiedenen möglichen Leben.
Weitergehende Einblicke in Arbeit und Gedanken Hamburger Künstler geben die auch in der Ausstellung gezeigten vierzehn viertelstündigen TV-Porträts.
Hajo Schiff
Kunsthaus, Klosterwall 15, Di-So 11-18 Uhr, Do bis 21 Uhr, bis 2. April; TV-Sendungen: N 3, jeden Sonntag, jeweils 8 und 17.45 Uhr
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