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Die Betonwüste belebt

Wenn der Parkplatz zur Wiese wird: Entsiegelung heißt die Devise, mit der in Hamburg wieder Boden gut gemacht werden kann  ■ Von Achim Fischer

Hamburg macht dicht. Jedes Jahr verschwindet in Hamburg eine Fläche von 540 Fußballfeldern unter Asphalt und Beton, bundesweit sind es 150 Felder täglich. Der Boden wird undurchdringlich für Luft und Wasser, für Tiere und Pflanzen. Die Folgen sind vielfältig, allesamt aber wenig erfreulich. Angefangen beim sinkenden Grundwasserspiegel über erhöhte Schadstoffeinträge in Flüsse und Seen bis hin zur Verschlechterung des Kleinklimas: Asphaltierte Flächen speichern im Sommer statt kühlendem Wasser stickige Wärme. Und beleidigen – das ganze Jahr – das Auge. Der BUND will jetzt „wieder Boden gut machen“. In einer Broschüre nennt er Tips, wie Betonwüsten wiederbelebt werden können. Das Heft wendet sich an Hauseigentümer wie Mieter, Firmen-Chefs und Angestellte, Lehrer oder Schüler.

Geeignete Flächen gibt es genug: Zufahrten, Parkplätze, die Ecke für den Müll-Container, Gebäude-Nischen, oft auch gleich der ganze Hinterhof. Alternativen zum tristen Grau sind ebenfalls reichlich vorhanden: kleine Wildwiesen, Bäume, Sträucher, Blumen- oder Kräuterbeete, Spielplätze, Pergolen, Tümpel oder Lümmel-Ecken. Garagenzufahrten lassen sich mit Gittersteinen, Pflaster oder Schotterrasen befestigen, unter dem Müllcontainer tut's auch Holzpflaster statt Asphalt, und Gartenwege lassen sich aus Kies, Rindenmulch oder Holzrosten anlegen.

Wer die entsiegelte Fläche begrünen möchte, sollte nach Möglichkeit auf heimische Pflanzen zurückgreifen. Sie wachsen auch ohne Dünger und Pestizide problemlos und bieten den hiesigen Tieren den passenden Lebensraum. Kletterpflanzen wie Efeu, Wein oder Hopfen brauchen wenig Boden und können trotzdem quadratmeterweise Mauern, Garagen oder Mülltonnenplätze kaschieren.

Bleibt nur noch ein Problem – die Fläche zu entsiegeln. Der Aufwand hängt sehr stark vom Belag und seinem Aufbau ab. Der BUND rät deshalb, die alte Oberfläche in einer entlegenen Ecke aufzubrechen. Dabei stellt sich schnell heraus, ob die übrige Fläche per Spitzhacke und Schaufel oder nur maschinell bearbeitet werden kann. Preßlufthammer, Minibagger oder Asphaltschneider sind im Baumaschinen-Verleih zu bekommen. Allerdings müssen die Geräte von Fachkräften, sprich: gelernten Bauarbeitern bedient werden. Wer weder ein Bagger-Diplom besitzt noch Bagger-Diplomierte kennt, kann ein Abbruch- oder Landschaftsbau-Unternehmen beauftragen. Öffentliche oder gemeinnützige Einrichtungen können das Technische Hilfswerk (THW) um Unterstützung bitten. Die Firmen übernehmen in der Regel Abtransport und Wiederverwertung des Bauschutts; wer auch hier Geld sparen will, versucht das Material etwa bei Bauhöfen oder bei Baustellen in der Umgebung loszuwerden.

Hat man den Verdacht auf giftige Bestandteile im Belag – etwa bei ehemals gewerblich genutzten Flächen –, sollte man Proben des Bauschuttes untersuchen lassen, für durchschnittlich 200 bis 300 Mark. Entsprechende Adressen nennen Landschafts-Gärtner, die Umweltbehörde, Ingenieur-Büros oder der BUND, Landesverband Hamburg. Bei ehemaligen Gewerbe-Flächen empfiehlt sich auch ein Blick in das Altlastenkataster der Stadtverwaltung. Ist der Boden vergiftet, muß mit der Entsiegelung auch der Boden saniert werden. Die Kosten muß der Verursacher tragen. Ist der nicht mehr zu bestimmen, hilft – gerade bei Wohnhäusern – in der Regel die öffentliche Hand (mehr Informationen zum Thema Altlasten gibt es beim BUND).

Die Kosten für eine Entsiegelung variieren je nach Eigenleistung der Eigentümer und Nutzer, nach Gestaltungswünschen und örtlichen Begebenheiten. Als Richtwerte nennt der BUND: Entsiegelung und Entsorgung durch eine Fremdfirma kosten 15 Mark pro Quadratmeter Asphalt oder 25 Mark pro Quadratmeter Betonplatten. Dazu kommen die Kosten für Boden- und Baumaterial und Pflanzen. Ein Quadratmeter Gittersteine für die Garageneinfahrt zum Beispiel kostet inklusive Unterbau rund fünfzig Mark, Sträucher gibt es ab sechs Mark. Auf den ersten Blick viel Geld. Aber eine Entsiegelung ist vor allem dann nicht teuer, wenn der Belag etwa wegen Kanalarbeiten sowieso aufgebrochen werden muß.

Die Broschüre „Aufbruch ins Grüne“ist erhältlich beim BUND, Landesverband Hamburg, Lange Reihe 29, 20099 Hamburg.

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