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Weg mit dem Kuschelfell

Sabine Haban näht Teddys für das erste internationale Teddy-Festival. Aber die Geschichte von Rudi, der sein Fell lassen mußte, ist eigentlich viel interessanter  ■ Von Jens Rübsam

Meiner hieß Rudi, hatte braune Kulleraugen, eine platte Stupsnase, spitze Ohren, braunes Kuschelfell und eine knallrote Plastekrone auf dem Kopf. Rudi war aus Berlin, aus der großen Hauptstadt, und vielleicht schon deswegen mein Lieblingsteddy. Bis ich eines Tages zur PGH mußte.

Die PGH war der Frisörladen im Dorf. Und die Dame, die die Kinder schnitt, hieß Angelika. Angelika war zurechtgemacht wie ein Püppchen und unverständlicherweise in der PGH gelandet. Immer, bevor sie zur Schere griff, ermahnte sie die Kinder zum Stillsitzen und sprach in schrillem Ton das Verbot aus: „Den Teddy darfst du aber nicht auf dem Schoß halten!“ Rudi also mußte an der Eingangstür liegenbleiben, auf einem Holzschränkchen mit vielen Fläschchen und zwei Schubladen. In der einen war das große und in der anderen das kleine Geld.

Die Haare waren ab, die Schulkameraden riefen „Topfschnitt“ über den Pausenhof – und ich war böse auf Angelika und auf Rudi, der zugesehen hatte. Also mußte auch er dran glauben: Weg mit dem braunen Kuschelfell!

Rudis Fell ist nicht nachgewachsen. Ich habe es nie verstanden. Ich war tieftraurig und wurde nie mehr von meiner Mutter zu Angelika in die PGH geschickt.

Es gibt viele Rudis. Viele Teddys ohne Fell, aber auch viele mit Fell. Die sind am schönsten. 5.000 Stück insgesamt hängen, liegen und purzeln im Teddy-Museum von Florentine Bredow am Kurfürstendamm 147 – „1986 ins Guinnessbuch der Rekorde eingetragen“. Einige der „Originale, keine Repliken“ (so brummt es Herr Bredow) werden am Wochenende auf dem 1. Internationalen Teddy- und Puppenfestival im Haus am Köllnischen Park (gleich neben dem Bärenzwinger!) zu sehen sein. Wie originell! Wie schön!

„Ja“, seufzt Sabine Haban, nachdem sie von Rudis Schicksal erfahren hatte, „jeder hat so seine Beziehungen zu Teddys.“ Ihr erster hatte keinen Namen, war weiß und ist heute grau, hat nunmehr einige Löcher im Fell und sitzt in einer Glasvitrine im Wohnzimmer.

Über 100 Teddys hat Sabine Haban inzwischen genäht. Ganz kleine, ab drei Komma drei Zentimeter, und größere, immer mit einer spitzen Schnauze, „runde, platte Nasen mag ich nicht“. Vor vier Jahren hat sie damit angefangen, heute sagt sie: „Ich bin süchtig nach Teddys. Man hat doch so wenig zum Lachen.“ Teddys, sagt Sabine Haban noch, seien wärmer als Puppen, man fühle sich geborgener bei ihnen. Ein kleiner, goldener baumelt an ihrem Hals.

50 Freddy-Teddys hat Sabine Haban in den vergangenen Monaten genäht; 50 dunkelgelbe Freddys kreiert, mit spitzen Ohren, spitzer Schnauze und einer knallroten Schleife um den Bauch. Freddy – Teddymutti Florentine Bredow: „Beachten Sie das besondere Schnittmuster“ – ist das Festivalmaskottchen, „ein Muß für jeden Sammler“. Sabine Haban, das sei hier noch erwähnt, ist seit 1994 Europameisterin in der Kategorie Teddy-Accessoires.

Ich hatte es damals noch mit Haarwuchsmittel versucht. Für teures Geld gekauft beim alten Herrn Bonikau in der Drogerie am Markt. Rudis Haare aber wollten und wollten nicht nachwachsen. Schade eigentlich. Denn am Wochenende sollen alle Besucher ihre Lieblingsteddys mitbringen.

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