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Demo gegen Postgesetz

■ Postler-Protest sorgt für leere Briefkästen und geschlossene Postämter

Die soliden gelben Drahtesel, die auf dem Hinterhof des Postamts an der Hoheluftchaussee abgestellt sind, pausierten gestern. Nicht nur die Schalter nahezu aller Hamburger Postämter blieben bis rund 15 Uhr geschlossen, auch die Postzustellung wurde bis auf einen Notbetrieb eingestellt. Nur die Postkästen der Hansestadt sollten ganz normal geleert werden. Und auch die Briefbeförderung verzögere sich nicht, versprach ein Postsprecher.

Insgesamt rund 3.000 Postbeschäftigte blieben gestern vormittag ihrer Arbeit fern. Grund dafür war eine außerordentliche Betriebsversammlung, auf der die Postangestellten über die geplante Änderung des Postgesetzes informiert wurden. Anschließend zogen die Postler in einem Demonstrationszug durch die Innenstadt. Tritt das Postgesetz zum 1.1.1998 in Kraft, so sind nach Angaben der Deutschen Postgewerkschaft „in der Nordregion mehr als 8.300 Arbeitsplätze gefährdet“. Allein in Hamburg stünden 4.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel.

Potentielle KundInnen interessierte das gestern wenig. Als sich die Postamtpforten auch nach intensiverem Rütteln nicht öffnen wollten, gab es neben Kraftausdrücken auch schon mal einen Tritt gegen die Tür. „Ein Pennerladen ist das“, schimpfte ein junger Mann.

Ratlosigkeit auch beim Paketpostamt am Kaltenkirchener Platz. Wer ein Päckchen loswerden wollte, mußte unverrichteter Dinge abziehen. Briefmarkenautomaten hatten hingegen Hochkonjunktur. Glücklich, wer da genügend Kleingeld zur Hand hatte. Ein junger Mann, der sein Portemonnaie eifrig nach Münzen durchsuchte, meinte: „Wenn die Post keine Monopolstellung hätte, könnte sie es sich auch nicht erlauben, ihre Kunden so zu verärgern.“In ihrem Betrieb, so betonte eine junge Frau, fänden Versammlungen immer „außerhalb der regulären Arbeitszeit statt.“

Vanessa Ogle/Sina Eckhoff

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