: Von 12 bis 15 Uhr ist lautes Sockensuchen untersagt Von Susanne Fischer
Eigentlich konnte es ja nicht anders sein. Wenn es in Celle sogar einen Hosenträger-Club gibt, von dessen Existenz die erstaunte Öffentlichkeit erst erfuhr, als sich jüngst der Kassenwart davongemacht hat, natürlich mit der Kohle. Es handelte sich übrigens um 7.000 Mark, und damit kommt man bestimmt schon bis ins benachbarte Soltau-Fallingbostel, woselbst man die Hosenträger einmal ordentlich knallen lassen kann. Da können die ehemaligen Stammtischbrüder noch solange ihren Trinkspruch „Gut Halt!“ hinterherbrüllen, weg ist nun mal weg.
Kein Wunder also, daß ich neulich in der Nähe von Celle einen Autoanhänger in korrektem Mausgrau entdeckt habe, der für die „Deutsche Hausmeister Zentrale“ warb. Ich bin sicher, daß inzwischen alles in diesem Land vereinigt, organisiert und zentralisiert ist. Während sie aber das Fußvolk bloß mit Hosenträger-Clubs, Tupperpartys und Guildo-Horn-Vereinen abspeisen, befindet sich die eigentliche Schaltzentrale der Macht in diesem Autoanhänger.
Von der Wiege bis zur Bahre werden wir von jenen im staubigen Kittel verfolgt. Los ging's mit „Spielen auf dem Rasen verboten!“ und „Keinen Sand schippen zwischen 12 und 15 Uhr“; letzteres, weil das laute Rieseln aus den Kinderbackförmchen angeblich den Rentnerschlaf der Wohnanlage bis ins Mark traf. „Das Fahrrad kann hier aber nicht stehen bleiben!“ setzte die Kette der Kindheitsdemütigungen ebenso fort wie die hinterhältige Konfiskation von Fußbällen und Gummitwistbändern, immer garniert mit dem „Was fällt euch eigentlich ein“-Anraunzer, den die Deutsche Hausmeister Zentrale sich hat patentieren lassen. Künftige Hausmeister üben dafür auf dem ehemaligen Reichsparteigelände in Nürnberg. Sie erhalten ihr Diplom erst, wenn allein kraft ihrer Stimme am anderen Ende des Platzes ein Vierjähriger weinend umfällt.
In unseren späteren Lebensjahren schrumpfte dann der böse schwarze Mann im grauen Kittel auf normales Alkoholikermaß mit deutlichen Anzeichen der gescheiterten Existenz. Daß wir nun weniger Angst vor ihm hatten als im Kindergartenalter, machte ihn aber nur noch heimtückischer. Jede Sperrmüllaktion rief ihn mit dem Fragebogen vor die WG-Tür, um zu kundschaften, wer ausgezogen sei. Jeder mehrtägige Besuch ließ ihn fegend im Treppenhaus verharren und mehrmals mit dem Besen drohen. Die ganze Volkszählung war nichts als ein übler Schwindel, um von dem heimlichen Kittel-Regime abzulenken, das uns längst schon fest im Griff hielt und hält. Was glauben Sie wohl, wer schuld ist, wenn seit Monaten ihre Lieblingsmarmelade im Supermarktregal fehlt und Ihre bevorzugte Brotsorte angeblich nicht mehr geführt wird? Er hat einen Schlüssel für den Notfall, wußten Sie das etwa nicht? Den Schlüssel zur Macht hat er ja sowieso. Die jeweils zweite Socke, die Ihnen dann wieder fehlt, saugt er übrigens mit Hilfe des zentralen Hausmeister- Schlauchsystems direkt aus Ihrer Maschine. Unterm Kittel läßt er die Hosenträger knallen und das Geräusch per Verstärkeranlage in alle Wohnungen übertragen, bis Sie sich endlich über das unangenehme Heizungsklopfen beschweren. Mit der Zahnbürste werden Sie dann das Treppenhaus putzen, damit er überhaupt seinen Fuß auf Ihre Schwelle setzt.
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