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Über die Sozialdemokraten aller Parteien ■ Von Wiglaf Droste
„Politiker interessieren mich nicht, aber ich traue keinem Mann, der sich die Haare färbt“, sagt Elisabeth Klink über Gerhard Schröder. Den Worten der lebensklugen Frau ist nichts hinzuzufügen, denn was gäbe es politisch schon zu sagen über Gerhard Schröder? Anzüge sind nicht politisch. Schröder ist, genau wie seine Drillingsbrüder Tony Blair und Bill Clinton, eine mediale Simulation, ausgeheckt in einem Genlabor und in einem sadistischen Großversuch auf die Welt losgelassen. Man kann die drei austauschen, niemand würde einen Unterschied bemerken, denn es gibt keinen.
Einer, der aus dem Trio banale ein Quartett machen möchte, ist Joschka Fischer. Deshalb trägt er Doppelmanschette. Die ist für Zivilisten das, was eine lamettabehängte Uniformjacke für Militärs ist. So gesehen war es nicht falsch, als Lothar Bisky, der Hütehund der PDS, sagte: „Mit Verlaub, Herr Fischer, Sie sind ein Arschloch!“ Das Rekurrieren auf Fischers rhetorische Macho-Nummer ist allerdings wenig unterhaltsam. Es ist typisch für einen PDSler, die nächstliegende Pointe für lustig zu halten: Das, was auch einem ästhetisch zurechnungsfähigen Menschen möglicherweise in den Kopf kommt, das er aber im Moment des Auftauchens augenblicklich in den Mülleimer feuert, nimmt der PDS-Mann gern und wirft sich damit als Geistesgröße in die Brust. Wo jeder klarimkopfe Mann sich abwendet, da greift die PDS herzhaft zu und heißt auch deshalb: Partei der Selbstbezichtigung.
Auch wenn die PDS-Leute zur Zeit, von einigen wenigen Grünen abgesehen, die einzigen sind, die nicht dem Krieg das Wort reden, so ist auf diese Partei nicht mehr Verlaß als auf die SPD – also gar keiner. Wäre die PDS Koalitionspartner gewesen, sie hätte, von ein paar einzelnen Abgeordneten abgesehen, beim Krieg genauso mitgemacht wie die SPD und die Grünen – kritisch mitgemacht natürlich, vielleicht sogar unter Tränen, wie Angelika Beer, die es mit ihrer Heulsusennummer geschafft hat, Volker Rühe retrospektiv vergleichsweise unprätentiös und unverlogen wirken zu lassen.
Mit dem Kitsch der Friedensbewegung verschwand auch die Friedensbewegung selbst. Sie war eben nicht mehr – und nicht mehr wert – als das: schlechte Songs und beschmierte Laken, an Wühltischen verkauft von Diether Dehm, der logischerweise von der SPD zur PDS gewandert ist, wo sie jeden nehmen müssen, den sie kriegen können. Es ist wie mit aller Sozialdemokratie: In dem einen Moment, wo man diese Leute einmal bräuchte, versagen sie total. Sozialdemokraten aber Umfallen vorzuwerfen, wäre absurd – es würde voraussetzen, sie hätten jemals gestanden. Ob sie sich in der SPD, bei den Grünen oder in der PDS organisieren: Unter dem Beweisdruck, auch anständig vaterländisch zu sein, müssen die Sozialdemokraten aller Parteien immer noch ein paar mehr Schweinereien begehen als die traditionell Rechten. Dieses klassische Aufsteiger-Syndrom erklärt auch das B-Picture The Return of Scharping: Die ehemalige Fußmatte der Partei ist ein Gamma-Männchen, ein hodenloser Witz sozusagen. Man konnte ihn demütigen ohne Ende – er blieb. Und darf zur Belohnung jetzt Krieg führen. Und wird freiwillig nicht aufhören damit. Schließlich ist der Mann Sozialdemokrat, und das verpflichtet.
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