Bundesumweltminister Trittin musste Castoren zulassen: Eine elegante Lösung
Jürgen Trittin hat gelernt. Es war klar, dass er die Wiedergenehmigung der Castor-Transporte nicht verhindern konnte. Statt also die Genehmigungen zu verschleppen und damit sinnlos politische Konflikte heraufzubeschwören, organisierte der grüne Umweltminister lieber eine Lösung, die den Betreibern die Möglichkeit gibt, auf die Transporte ganz zu verzichten. Eine elegante, diplomatische Lösung, die man Trittin vor einem Jahr nicht zugetraut hätte.
Schon vor der Wahl hatten die Grünen erklärt, die abgebrannten Brennelemente lieber an den Atommeilern lagern zu wollen, statt sie in zentrale Zwischenlager nach Ahaus oder Gorleben zu karren. Das ist auch sinnvoll, denn jeder Transport ist ein Sicherheitsrisiko. Nun verschafft Trittin folgerichtig den Betreibern die Möglichkeit, die Castoren zwar zu beladen, aber dann so lange am Kraftwerk stehen zu lassen, bis die neuen Zwischenlager am Meiler genehmigt sind. So können sich die Betreiber freuen, dass ihre Kraftwerke weiterlaufen werden. Und die Grünen, dass keine gefährlichen Castoren rollen.
Auch aus politischen Gründen kann Trittin nicht an einem Transport gelegen sein. Selbst wenn es zu einer Konsenslösung mit der Atomindustrie kommt, wird das Ergebnis – so viel ist schon klar – nicht auf Gegenliebe bei der Anti-Atom-Bewegung stoßen. Ein durchgeprügelter Castortransport würde zur Zerreißprobe für die Grünen werden, deren Basis vor Ort wenig von einem Ausstieg über einen Zeitraum von 30 Jahren hält.
Es ist sicher kein Zufall, dass die Genehmigung eine Woche vor Wiederaufnahme der Konsensgespräche mit der Atomindustrie kommt. Es ist ein Wink der Bundesregierung, dass sie nicht auf eine Verstopfungstrategie setzt, wie die Betreiber immer wieder unterstellt haben. Insbesonders Trittin kann daran auch gar kein Interesse haben: Er braucht den Konsens, um noch vor der Neuwahl einen Meiler vom Netz zu kriegen – und ein vorzeigbares Symbol für den Ausstieg zu haben. Matthias Urbach
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