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american pieDie Himmelfahrt von Poolbillard-Legende Fast Eddie

Petrus, bau die Kugeln auf!

No angel born in hell could break that satan’s spell

Das Schicksal seines filmischen Alter Ego blieb Eddie Parker erspart. Paul Newmans „Fast Eddie“ aus dem berühmten Film „The Hustler“ von 1961 gibt das professionelle Billardspielen am Ende auf und fristet sein Dasein als Schnapsverkäufer, bis er 17 Jahre später in der Fortsetzung „The Color of Money“ auf einen jungen Nachwuchshustler (Tom Cruise) trifft und in die Pool-Hallen zurückkehrt. Fast Eddie Parker, der die Figur im Roman „The Hustler“ von Walter Tevis und dann den Paul Newman-Charakter inspirierte, blieb dem Billard ohne Unterbrechung treu. Stilecht starb der 69-Jährige am letzten Freitag während eines Billardturniers in Brownsville, Texas. Diagnose: Herzinfarkt.

Fast Eddie Parker war die letzte einer Reihe von Pool-Hall-Legenden wie Willie Mosconi oder Minnesota Fats, welcher ebenfalls in „The Hustler“ verewigt wurde. In ihrer großen Zeit trugen die drei zahlreiche spektakuläre Wettkämpfe untereinander aus, die zum Teil live im Fernsehen übertragen wurden. Fast Eddie selbst verdiente sich seinen Lebensunterhalt nicht nur durch Spielen um Geld, sondern durch Tourneen, auf denen er seine Künste vorführte und die ihn sogar bis nach Deutschland führten, und vor allem mit Lehrvideos. Eines davon führte sich Paul Newman für seine mit einem Oscar belohnte Rolle in „Color of Money“ zu Gemüte. Was die Spielkunst betrifft, mit zweifelhaften Erfolg, wie zumindest Minnesota Fats meinte: „Paul Newman ist kein sehr guter Poolspieler, aber er kann es gut aussehen lassen.“ Angetan war Fats, bürgerlich Rudolf Wanderone Jr., hingegen von Jackie Gleason, der in „The Hustler“ seinen Charakter darstellte und als Kind in Brooklyn angeblich für ihn hin und wieder die Kugeln aufbaute: „Der könnte mit Pool seinen Lebensunterhalt verdienen“, lobte Fats den Schauspieler.

Fast Eddie legte stets großen Wert darauf, dass er selbst nie ein Hustler gewesen sei, ein Spieler also, der absichtlich verliert, um den Einsatz hochzuschrauben und erst dann abzusahnen. Er sei immer ein Money Player gewesen, einer, „der das Preisgeld im voraus festlegt und von Anfang an sein Bestes gibt“. Überhaupt gehe es heutzutage gesitteter zu als früher. „Als ich ein Kind war“, erinnert sich Parker, „gab es zwei Orte, die wir auf keinen Fall aufsuchen sollten, Bowlingbahn und Pool-Halle. Heute ist Pool ein respektabler Sport.“

Geboren wurde Parker in Springfield, Missouri, mit neun Jahren begann er, Pool zu spielen. Den Namen Fast Eddie bekam er schon auf der High School, professionell spielte er aber erst, nachdem ihn der sechsfache Weltmeister Benny Allen unter seine Fittiche genommen hatte. In den 50er-Jahren begegnete er Walter Tevis, der während seines Studiums in Poolhallen jobbte und Parkers Geschichten dann in seinem Buch verarbeitete.

Die Wege von Fast Eddie kreuzten sich immer wieder mit den etwas älteren Cracks Willie Mosconi und Minnesota Fats. Wenn die drei gegeneinander spielten, gewann meist der unnachahmliche Mosconi, die schillernderen Figuren waren jedoch Eddie und Fats, die dementsprechend größere Popularität genossen. Rudolf Wanderone wurde zunächst New York Fats genannt, doch Tevis änderte den Namen in seinem Roman in Minnesota Fats. Nach dem Erfolg des Filmes erkannte Wanderone sofort das in der Umbenennung schlummernde Publicitypotenzial und firmierte fortan seinerseits als Minnesota Fats. „Ich bin berühmt in der ganzen Welt“, pflegte er stolz von sich zu sagen, und als er 1996 drei Jahre nach Willie Mosconi starb, meinte seine Witwe Theresa: „Jetzt ist er im Himmel und spielt wieder gegen Mosconi.“ Auf seinen Grabstein ließ sie den Spruch meißeln: „Auf der Erde hat er jeden geschlagen. Petrus, bau die Kugeln auf!“ Mit Fast Eddie Parker hat der Wächter der Himmelstore jetzt einen weiteren harten Gegner bekommen. MATTI LIESKE

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