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DIE BLOCKADEN IN FRANKREICH ZEIGEN: IM ATOMSTAAT TUT SICH WASSchleichende Bewusstseinsveränderung

Die 200 Französinnen und Franzosen, die gestern gegen Atommülltransporte aus Deutschland demonstrierten, sind keine Bewegung. Dennoch ist unübersehbar, dass sich etwas tut im Atomstaat Frankreich. Die Anzeichen dafür sind vielfältig. Sie zeigen sich am Umgang mit Ökogruppen wie Greenpeace, die noch in den 80er-Jahren wie Staatsfeinde behandelt wurden. Heute dagegen arbeitet die Umweltministerin der Regierung in Paris mit der Organisation zusammen, die der französische Geheimdienst einstmals im neuseeländischen Hafen Auckland mit Sprengsätzen bekämpfen sollte. Und auch in den Medien genießt Greenpeace mittlerweile beträchtlichen Einfluss.

Ähnlich steht es mit der politischen Aufwertung der kleinen Ökopartei „Les Verts“. Von den französischen SozialdemokratInnen in eine Allianz eingebunden und in die Regierung geholt, verzeichnen die französischen Grünen inzwischen auch im Alleingang Achtungserfolge bei Wahlen. Dazu passt, dass auch die französische Justiz – bisher immer eine treue Freundin der Atomlobby – eine neue Sensibilität entwickelt. Vor wenigen Wochen fällte erstmals ein französisches Gericht eine „antinukleare“ Entscheidung und untersagte kurzfristig die Entladung eines mit australischem Atommüll gefüllten Transportbootes. Zwar wurde das Urteil mittlerweile widerrufen. Trotzdem bleibt unübersehbar: In Frankreich tut sich was.

Hinter dieser Tendenz steht – nicht zuletzt – das gesteigerte Interesse des französischen Energiesektors an anderen, finanziell interessanteren Formen der Stromerzeugung. Und natürlich haben auch die Bilder aus Deutschland das Terrain beim westlichen Nachbarn vorbereitet. Sämtliche französischen Medien berichteten vor zwei Wochen breit, wenngleich meist süffisant über die Proteste in und vor Gorleben. Diese Vorbildrolle sollte nicht überschätzt werden. Das französische Verhältnis zur Atomkraft verändert sich – langsam, aber sicher – seit dem Unfall im AKW Tschernobyl am 26. April 1986, der auch dem Atomstaat Frankreich zeigte, dass es für Strahlen keine Grenzen gibt.

DOROTHEA HAHN

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