winterspiele beendet: Olympisches Ärgernis
In Athen nahmen die modernen Olympischen Spiele ihren Anfang, und in Athen werden sie in zwei Jahren auf dem Prüfstand stehen. Nach den Winterspielen in Salt Lake City, die als die Spiele der Proteste und Lamentos in die Geschichte eingehen werden, steht Olympia eine schwere Zeit bevor. Wenn Parlamente Resolutionen über Schiedsrichterentscheidungen im Eishockey verabschieden, Staatspräsidenten Erklärungen über B-Noten im Eiskunstlauf abgeben und Regierungen mit diplomatischen Verwicklungen wegen der Disqualifikation eines Short-Track-Läufers drohen, dann haben die Spiele wahrhaftig ein Problem.
Kommentarvon MATTI LIESKE
Athen 2004 wird die Nagelprobe. Sommerspiele in einer offensichtlich überforderten Stadt. Sicherheitsvorkehrungen, die wohl nicht so geduldig ertragen werden wie in Salt Lake City, wo die Leute unter dem Eindruck des 11. September standen. Funktionäre, Politiker, die jede noch so kleine Entscheidung gegen ihr Land mit juristischen und politischen Mitteln bekämpfen.
Die Tür dazu hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) selbst geöffnet. Die gestern zu Ende gegangenen Winterspiele hatten von vornherein einen schweren Stand. Bestechungsskandal, 11. September, Krieg. Olympia drohte in der alles beherrschenden Security und im überbordenden amerikanischen Patriotismus zu ersticken. Überraschenderweise liefen die Spiele dann aber zumindest an der Basis ganz hervorragend. Die Organisation funktionierte, die Atmosphäre war gut, selbst die abgelegensten Wettkampfstätten quollen über von begeisterten Zuschauern, die ihre Sportler bejubelten, aber auch fair genug waren, den anderen Nationen Beifall zu gönnen.
Alles hätte perfekt enden können für Salt Lake City und das IOC, wäre da nicht das Eiskunstlaufen gewesen und das unglückliche doppelte Gold im Paarlauf. Das IOC konnte dem Drang zum Populismus nicht widerstehen und gab dem Druck der amerikanischen Medien nach. Pandoras Büchse war geöffnet, die Folgen könnten verheerend sein. Nach dem Kniefall vor dem Fernsehsender NBC muss sich IOC-Präsident Jacques Rogge nun bei jeder künftigen abgelehnten Beschwerde vorwerfen lassen, mit zweierlei Maß zu messen. Und Beschwerden wird es hageln.
Der römische Kaiser Theodosius schaffte die antiken Olympischen Spiele 394 n. Chr. ab, weil sie „ein Ärgernis“ geworden waren. Möglicherweise nicht die schlechteste aller Ideen.
sport SEITE 18 und 19
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