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Allein im Land der Riesen – ohne Lamettasträußchen

Alba Berlin gewinnt das Top Four, aber die im Finale unterlegenen Frankfurt Skyliners sehen den Pokal nur als Episode auf dem Weg zum Meistertitel

Üblicherweise sind Frauen beim Männer-Basketball eher für das Füllprogramm in den Spielpausen zuständig. So schien es auch auf den ersten Blick beim „Top Four“ um den deutschen Pokal in der Berliner Max-Schmeling-Halle wieder zu sein. Doch wer genauer hinschaute, konnte bereits zwischen all den hüpfenden Cheerleaderinnen und ihren Lametta-Sträußchen eine weitere Dame auf dem Parkett erkennen: Daphne Bouzikou, die Assistenztrainerin des Tabellenführers Frankfurt Skyliners, der am Sonntag das Finale mit 88:1000 gegen die Gastgeber von Alba Berlin verlor. Im Spiel um Platz drei gewann Oldenburg gegen Trier mit 89:77.

Schon beim Aufwärmprogramm ihrer Spieler steht Bouzikou im schwarzen Hosenanzug sowie mit ernster Miene und verschränkten Armen unter dem Korb – zumindest dann, wenn sie nicht gerade anfeuernd in die Hände klatschte. Während des Spiels dagegen verharrt sie gewöhnlich geradezu bewegungslos auf der Bank und macht sich Notizen. Der Frankfurter Chefcoach Gordon Herbert hingegen schien schon im Halbfinale gegen den Außenseiter HERZOGtel Trier nervös die Hälfte des Spielfelds in Schrittlängen abmessen zu wollen. Kein Wunder – lagen doch die Skyliners bis kurz vor Ende des dritten Viertels stets im Rückstand. Nach zwei Niederlagen in der laufenden Saison gegen den Pokalverteidiger aus Trier gruselten sich die Frankfurter Spieler aber offensichtlich vor einer dritten und entschieden im letzten Viertel die spannende Partie für sich. Besonders Denis Wucherer sorgte kurz vor Schluss mit zwei Fastbreaks und sieben Punkten in Folge für den Finaleinzug der Skyliners.

„Ich war genauso zittrig wie meine Jungs, auch wenn es nicht so aussah“, machte Daphne Bouzikou nach dem Halbfinale ihrer Erleichterung Luft. „Alle Spieler agierten anfangs sehr vorsichtig, weil es um so viel ging.“

Für die 32-Jährige selbst geht es bereits seit drei Jahren hauptsächlich um den Frankfurter Basketball. Damals, als der Club frisch aus dem Ei gepellt wurde, übernahm sie den Job der Bank-Angestellten – und ist bis heute die einzige Trainerin in einer deutschen Männer-Profiliga. Gerade hat sie die Prüfung zum A-Schein, die höchste Trainerlizenz, erfolgreich bestanden; als Co-Coach ist sie unter anderem für das Aufwärmtraining und die Videoanalyse der gegnerischen Mannschaften zuständig sowie für das Kraft- und Konditionstraining.

Wenn das mal kein Grund zum Jobneid ist: Ein ganzer Haufen Topathleten, die widerstandslos Sprinten und Springen, Stemmen und Stoßen – und überhaupt alles machen, was sie will. „Ich habe schon ein Standing“, meint die gerade mal 1,69 Meter große Griechin selbstbewusst. Im ersten Jahr sei es für beide Seiten noch etwas schwierig gewesen, man habe sich erst einmal abtasten müssen. „Aber das wurde immer lockerer, wir arbeiten schließlich professionell.“ Ob sie aber nicht – trotz aller Professionalität – wenigstens anklopft, wenn sie in die Umkleidekabine kommt? „Bei der Besprechung direkt nach dem Spiel lassen die Jungs die Hosen noch oben“, sagt sie lachend. Eines steht also fest: Angst vor Männern – wie ihre mythologische Vorgängerin, die vor Apollo die Flucht ergriff – hat Daphne Bouzikou nicht.

Auch nicht vor dem immer noch amtierenden Meister und nun frisch gebackenen Pokalsieger Alba Berlin. Ohnehin sollte der Pokalwettbewerb von vornherein nur eine Episode für den hessischen Großstadtklub auf dem Weg zur deutschen Meisterschaft sein. Für die Play-offs, die nächste Woche beginnen, sind sie nicht nur favorisiert, sondern nach der Niederlage wohl zusätzlich motiviert. Und zudem mit mythischer Unterstützung ausgerüstet. JUTTA HEES

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