: Der Castor darf nur nicht stürzen
Behälter für Atommüll ist womöglich nicht bruchsicher. Laut Unterlagen des Herstellers wurden Crashtests nicht richtig durchgeführt, meinen Umweltverbände. Bundesamt für Strahlenschutz nimmt die Sorgen „ernst“ und beauftragt eigene Prüfer
aus Hannover JÜRGEN VOGES
Die Castorbehälter sind nicht bruchsicher. Das kritisieren Umweltverbände und Bürgerinitiativen in einer in Lüchow veröffentlichten Erklärung. In Castorbehältern vom Typ HAW 20/28 CG sollen in Gorleben Glaskokillen mit hochradioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung gelagert werden. Im Herbst sollen zwölf Behälter dieses Typs wieder aus Frankreich in Richtung Wendland rollen.
Nach Auffassung der Verbände und der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg können die Glaskokillenbehälter „möglicherweise nicht einmal einen Sturz aus drei Meter Höhe unbeeinträchtigt aushalten“. Für einen Störfall wie den Absturz auf den Betonboden der Zwischenlagerhalle müssen Castoren jedoch ausgelegt sein. Beim Abladen nach der Ankunft im Zwischenlager können die Behälter drei Meter über dem Beton hängen.
Ihre massiven Zweifel an der Sicherheit der Behälter stützt die Bürgerinitiative auf Mängel bei der Untersuchung und Berechnung des entsprechenden Störfalls. Zu der Störfallberechnung, die Grundlage der Zulassung der Behälter ist, liegen der Bürgerinitiative vertrauliche Unterlagen des Herstellers, der Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS) vor. Diese Unterlagen ließ auch das Fernsehmagazin „plusminus“ in Hamburg und Hannover von Ingenieurwissenschaftlern prüfen. Demnach enthielten die Berechnungen viele handwerkliche Fehler und seien als Nachweis für die Bruchsicherheit der Behälter gänzlich ungeeignet, sagte BI-Sprecher Dieter Metk.
Wegen der Fehler in der Störfallbetrachtung hat sich die Bürgerinitiative bereits an das Bundesamt für Strahlenschutz gewandt. Dieses hat die Kritik an den Störfallberechnungen der GNS an seinen eigenen Gutachter, die Bundesanstalt für Materialprüfung, weitergeleitet. Die Behörde nimmt nach eigenem Bekunden die Fragen an die Störfallbetrachtung „durchaus ernst“.
Das niedersächsiche Umweltministerium sieht aktuell jedoch keinen Grund, den Zwischenlagerbetrieb einzuschränken. Die Gefahr, dass ein Castorbehälter aus mehreren Metern Höhe auf den Hallenboden abstürzen könnte, bestehe allenfalls beim ersten Abladen neu angekommener Behälter, sagte die Sprecherin des Ministeriums. Die Zweifel an der Sicherheit der Castoren müssten allerdings bis zur Ankunft des nächsten Transports aus Frankreich ausgeräumt sein.
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