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Anzug ist am rechten Knie kunstgestopft –betr.: „Von der Oder bis zur Saar“, taz vom 2. 11. 98

Mit seiner Behauptung, ich sei zur PEN-Tagung mit einem „nagelneuen Dreiteiler“ erschienen, setzt Jörg Magenau eine nunmehr schon vor über drei Jahrzehnten begonnene linksextremistische Verleumdungskampagne fort. Als ich im Jahre 1966 vom Spiegel als Medienkolumnist eingestellt wurde, schleppte mich mein Studienfreund Klaus Steffens, damals Verlagschef der noch aus dem kommunistischen Untergrund finanzierten Röhlschen Konkret, heute Immobilienmakler auf Fuerteventura, mit der Begründung „So kannst du nicht mehr rumlaufen!“ zu seinem teuren Maßschneider, der mir ebendiesen „nagelneuen Dreiteiler“ anfertigte. Kurz darauf erschien Röhls Konkret mit dem sachdienlich gemeinten Hinweis, Köhler laufe nunmehr im Maßanzug herum. Meine Rache: 1973 war ich dann einer von den Konkret-Redakteuren, die Klaus Rainer Röhl enteigneten.

Der Anzug verkam jahrzehntelang in einem Schrank im Keller. Da aber die Konfektionshäuser unserer freien Marktwirtschaft seit vielen Jahren außerstande sind, Anzüge ohne Fettarschhosen und ohne Boxerschultern zu liefern, war ich froh, als ich diesen Anzug im Keller entdeckte und nach wochenlangem Lüften wieder anziehen konnte.

Ich bin bereit, ihn einer paritätisch besetzten internationalen Untersuchungskommission vorzulegen. Sie wird sich, wenn sie den Anzug wendet, davon überzeugen können, daß er bereits vor langer Zeit am rechten Knie kunstgestopft wurde. Im übrigen würde ich gern einen fast ebenso alten anthrazitfarbenen Mao-Samtanzug reaktivieren, wenn mir die taz verraten könnte, wie man einen großen Filzstiftfleck spurlos entfernt. Würde dies gelingen, meine Freude wäre größer, als wenn mein Antrag zur Änderung der Nationalhymne von der PEN- Versammlung angenommen worden wäre.

Das falsche weiche „d“ in Bertolt Brechts Namen nicht korrigiert zu haben, verzeihe ich mir allerdings nicht. Der vom Tagungsbüro abgeschriebene Text meines Antrags wurde mir während einer Abstimmung zur Vereinigung der beiden deutschen PENs – es ging wohl um das Präsidium – vorgelegt. Meine Aufmerksamkeit war geteilt. Mein Nachbar mußte mir den immer noch erhobenen Arm herunterreißen, ich hätte sonst zuerst dafür und dann dagegen gestimmt. So konnte es geschehen, daß Bertolt Brechts Name bei der ersten Versammlung des nunmehr geeinten deutschen PENs verunstaltet wurde. Otto Köhler, Rosengarten

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