Antwort auf Klimawandel und Co.: Forschung nach neuen Reissorten

Am Internationalen Reisforschungsinstitut auf den Philippinen wird nach widerstandsfähigen und ertragsreicheren Reissorten gesucht. Neue Züchtungen werden bereits angebaut.

Das "Sub1" Gen macht Reis gegen längere Überschwemmungen tolerant. Bild: dpa

MANILA taz | Die Krise begann im Februar dieses Jahres. Plötzlich kostete das Kilo Reis in Manila nicht mehr 18 Philippinische Pesos, sondern 22, dann 25. Immer rasanter stiegen die Preise, im Mai verlangten die Händler bis zu 50 Pesos pro Kilo. Binnen drei Monaten hatte sich der Reispreis auf dem Weltmarkt glatt verdreifacht. Eine Katastrophe für die etwa drei Milliarden Menschen, vor allem Asiaten, für die Reis unentbehrlich ist. Viele von ihnen gaben bereits vor der Preisexplosion bis zur Hälfte ihres Einkommens für das Getreide aus, nun wurde ihr Hauptnahrungsmittel unerschwinglich. Hastig wurden nationale Notpläne entworfen, Reis exportierende Länder begrenzten den Handel, Reis importierende Staaten baten um Nachbarschaftshilfe.

Das nicht profitorientierte International Rice Research Institute (IRRI) in der Nähe von Manila wurde 1960 durch die Ford- und Rockefeller-Stiftung und der philippinischen Regierung gegründet. Es hatte eine zentrale Funktion für die "Grüne Revolution", die durch Einsatz neuer Sorten, aber auch mehr Dünger und Pflanzenbehandlungsmitteln in vielen Ländern zu einer Ertragssteigerung führte.

Mit einer am IRRI entwickelten besonders widerstandsfähigen kurzstämmigen Reissorte hielt die Grüne Revolution Einzug in den Reisanbau. Das IRRI hat heute rund 1.000 Mitarbeiter.

"Das mag zynisch klingen, aber immerhin hat die Reiskrise bewirkt, dass die Politik aufgewacht ist und uns Forschungsgelder versprochen wurden, die in den letzten Jahren immer spärlicher geflossen sind", sagt Adam Barclay. Der schlaksige Australier ist Sprecher des in der Nähe von Manila angesiedelten, international führenden Reisforschungsinstituts IRRI (International Rice Research Institute). Er hat hektische Wochen hinter sich, "weil die ganze Welt von uns wissen wollte, wie es zu der Krise kommen konnte".

Nach einer Antwort müssen die Experten nicht lange suchen: "Es wurde einfach mehr konsumiert als produziert, und das bereits seit Jahren. Weil sich die Lager zunehmend lehrten, gingen die Preise rasant nach oben", bringt es Dr. Reiner Wassmann, Chef-Klimaforscher am IRRI, auf den Punkt. Nur die Erntesaison ab Juni habe zu einer temporären Entspannung geführt.

"Die Probleme bleiben: Die Bevölkerung wächst stetig, während die Ernteerträge stagnieren. In Afrika wird Reis immer beliebter, aber bisher kaum angebaut. Was dorthin exportiert wird, fehlt in Asien. Und wir haben es wegen des Klimawandels immer häufiger mit Wetterextremen wie Dürre oder Überflutungen zu tun, die ganze Ernten vernichten."

Die IRRI-Wissenschaftler haben diese Probleme lange kommen sehen und intensiv an Reissorten geforscht, die besser mit Trockenheit oder Überschwemmungen zu Recht kommen. Die Ergebnisse können sich sehen, und wichtiger, zum Teil bereits ernten lassen.

So ist es den Forschern gelungen, in akribischer Feinarbeit aus einer indischen Reissorte das so genannte "Sub1" Gen zu isolieren, das die Pflanze gegen längere Überschwemmungen tolerant macht. "Dieses Gen wurde nun in beliebte Sorten hineingezüchtet, ohne andere Eigenschaften wie Geschmack oder Ernteertrag zu verändern", erklärt Dr. Wassmann.

Auf den IRRI-Versuchsfeldern haben die neuen Reissorten den Praxistest bereits bestanden. Der so genannte "Swarna Sub 1" etwa lieferte nach einer 12-tägigen Überschwemmung eine doppelt so hohe Ernte wie die Ursprungssorte "Swarna". "Wir verteilen Swarna Sub 1 jetzt an die nationalen Agenturen, und von dort gehen sie an die Bauern in den jeweiligen Ländern", freut sich der Deutsche über den Forschungserfolg.

"Leider haben wir aber noch kein "Dry1"-Gen gefunden, und ich bezweifle auch, dass uns das gelingt", verweist der Klimaforscher auf das andere drängende Problem, den zunehmenden Wassermangel. In Australien habe er gerade verheerende Dürreschäden gesehen: "Der Reisanbau dort ist das erste Opfer des globalen Klimawandels. Das war mal eine florierende Region, nun ist da nichts mehr. Wenn man sich das für Asien vorstellt?"

Ein Experte im Kampf gegen austrocknende Böden und spärliche Reiserträge ist Bas Bouman. Der Hydrologe hat bereits in einigen Gebieten der Philippinen erfolgreich das so genannte "Alternate Wetting and Drying" (AWD) eingeführt. "Es ist eine Anbautechnologie, die ohne Ernteausfälle bis zu 25 Prozent weniger Wasser benötigt", erklärt der Holländer.

Was wie Hexenwerk klingt, basiert auf der am IRRI erprobten Erkenntnis, dass Reis nicht permanent bewässert werden muss, sondern der Boden zu bestimmten Wachstumszeiten bis zu einem gewissen Grad austrocknen darf. Dies aber Reisbauern zu erklären, die seit Generationen glauben, dass nur viel Wasser auch viel Reis bringt, "das war zunächst nicht ganz einfach", gibt Bouman zu.

Da Wasser aber tatsächlich immer knapper wurde, "haben die Bauern schließlich akzeptiert, dass sie etwas ändern müssen." Nun liege es an den Kollegen in den Nachbarländern, dort Überzeugungsarbeit zu leisten.

Derweil wird in der Ideenschmiede am Fuß des Mt. Makiling weiter an Reissorten geforscht, die mit noch weniger Wasser auskommen. Der Hoffnungsträger heißt "Aerobic Rice". Der Name hat freilich nichts mit dem Trendsport zu tun, sondern damit, dass dieser Reis in aeroben Verhältnissen gedeiht, also in gut durchlüftetem Boden statt in einem gefluteten, sauerstoffarmen Boden wie herkömmliche Sorten.

Im Wasserarmen Nordchina wachsen bereits von Professor Huaqui Wang gezüchtete Reissorten, die kaum mehr Wasser brauchen als Weizen oder Mais und dennoch einen guten Ernteertrag garantieren. Wangs Reissorten könnten auch in trockenen Regionen von Laos, Kambodscha, Indien oder Pakistan gut gedeihen, glaubt Bouman.

Der Hydrologe forscht indes an "Aerobic Rice", der für tropische Länder geeignet wäre. "Wir müssen noch viel, viel arbeiten um einen hohen Ernteertrag und nachhaltigen Anbau garantieren zu können. Das größte Problem ist jedoch der Boden. Permanent gefluteter Boden ist extrem gesund. Trockene, aerobe Böden verändern ihren pH-Wert, Nährstoffe gehen verloren, Schädlinge und Pilze haben leichtes Spiel. Vielleicht sind wir erst in zehn Jahren so weit, dass wir Aerobic Rice in den Tropen erfolgreich anbauen können" meint Bouman skeptisch.

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