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Anschlagsserie in RomBombenpäckchen für Diplomaten

Bei Explosionen in den Botschaften Chiles und der Schweiz werden zwei Menschen verletzt. Beide Päckchen steckten in gelben Umschlägen. Verdächtigt werden Anarchisten.

Botschafter Oscar Godoy Arcaya kurz nach der Explosion in der diplomatischen Vertretung Chiles. Bild: dapd

ROM taz/dpa | Erst erschütterte eine Explosion die Schweizer Botschaft, gegen 12 Uhr mittags, nicht einmal zwei Stunden später krachte es in der chilenischen Botschaft. Und kurz darauf wurde in der Botschaft der Ukraine ein verdächtiges Paket gefunden: Eine Anschlagsserie traf am Donnerstag gleich mehrere diplomatische Vertretungen in Rom.

Am schwersten waren die Folgen in der Schweizer Botschaft. Dort wurde einem 53-jährigen Mitarbeiter, der das Päckchen geöffnet hatte, die linke Hand zerfetzt. In der Universitätsklinik führte ein Ärzteteam eine Notoperation durch, mit dem Ziel, eine Amputation zu vermeiden.

Nur von leichten Verletzungen einer Person war dagegen in der Botschaft Chiles die Rede. Die verdächtige Sendung in der ukrainischen Botschaft entpuppte sich als ganz gewöhnliches Paket.

Die Fahnder hatten bis zum späten Nachmittag noch keine Anhaltspunkte, die in die Richtung der Täter weisen könnten. Sicherheitskräfte durchsuchten laut der italienischen Nachrichtenagentur Ansa alle Botschaften der Hauptstadt nach Sprengsätzen.

Hinter den in der Schweizer und der chilenischen Botschaft explodierten Paketbomben steckt vermutlich jedoch derselbe Absender. Die Päckchen in der Größe einer Videokassette befanden sich jeweils in einem gelben Umschlag, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa unter Berufung auf die Ermittler. Als unwahrscheinlich gilt, dass die Attentate in direktem Zusammenhang zu den in Italien in den letzten Tagen herrschenden innenpolitischen Spannungen stehen.

Am 14. Dezember gab es am Rande einer Studentendemonstration heftige Ausschreitungen. Und vor der Demonstration vom Mittwoch hatte die Regierung ein Klima der Angst geschürt. Ausgerechnet am Vortag wurde dann eine Bombenattrappe in einer U-Bahn gefunden. Am Donnerstag gab es zwei telefonische Bombendrohungen gegen Bürogebäude der Stadtverwaltung.

Doch mit den Protesten der vergangenen Tage lassen sich die Anschläge kaum in Verbindung bringen. Unmittelbar nach der ersten Explosion spekulierten die Fahnder, der Anschlag könne von anarchistischen Ökoterroristen verübt worden sein, da einige ihrer Gesinnungsfreunde in der Schweiz in Haft sitzen. Am 5. Oktober war vor der Schweizer Botschaft ein Brandsatz abgelegt worden, der nicht hochging. Bei ihm fand sich ein Bekennerschreiben, das "Freiheit für Costa, Silvia und Billy" forderte.

Constantino Ragusa, Silvia Guerini und Luca Bernasconi sollen am 15. April in der Schweiz unter dem Verdacht verhaftet worden sein, einen Anschlag auf den IBM-Sitz im Land vorbereitet zu haben. Zitiert werden die Angaben eidgenössischer Behörden, wonach das Trio einer nGruppe mit dem Namen "Il Silvestro" angehöre. In ihrem Wagen seien damals beachtliche Mengen an Sprengstoff gefunden worden.

Es ist unklar, wie sich die zweite Explosion in der Vertretung Chiles mit dieser Hypothese in Einklang bringen lässt. Jedoch könnte Chile aufgrund der heftigen Proteste in den überfüllten Gefängnissen, die in den letzten Tagen stattfanden, zum Ziel für Anarchisten geworden sein.

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15 Kommentare

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  • V
    vantast

    Erinnert an das Bombenattentat des israelischen Terroristen Begin, bei dem ein Wachmann starb.

  • W
    wieder

    gladeo schlägt wieder zu!!!

  • T
    Timo

    Während von CNN bis Tagesschau.de alle von Bekennerschreiben sprechen, die inzwischen bekannt geworden sind, wird bei der taz noch gemutmaßt.

  • L
    lukichg

    Niemand sagt ier was über islamischen Terror???!!!

  • O
    Oekoterrorist!

    @ oeko terrorist:

    wo genau siehst du im artikel auf islamistische Terroristen hingewiesen??

    ich kann nur die Anschuldigung anarchistische Uebeltaeter haetten die Bombe gelegt erkennen, zusammen mit einer mehr oder weniger einleuchtenden Analyse ueberfuellte Gefaengnisse in Chile koennten in Italien Anarchisten motivieren auch diese anzugreifen.

    Das kommt mir doch sehr undurchsichtig vor, doch sollen sich die Anarchisten ja schon zu den Anschlaegen bekannt haben. aber der Islamismus wird nicht mit einem Wort erwaehnt!!!

  • F
    Frank

    Ich wohne auch in einer WG mit einem anarchistischen Ökoterrorist. Muss ich Angst haben?

  • K
    Kropotkin/Bakunin

    Wie so viele Zeitungen kann man nun auch bei der "linken" TAZ beobachten wie Anarchisten mit Gewalttätern gleichgesetzt werden. Bei den einen ist es die Hetze gegen Anarchisten (Bild/Welt), bei der TAZ ist es hoffentlich nur mangelnde Intelligenz. Also bis zum nächsten Artikel über oder zu Anarchisten, schön Kropotkin und Bakunin lesen!

  • D
    DerPestbeamte

    "..., die linke Hand zerfetzt."

     

    Ich bin grade am essen, muss es denn gleich so drastisch geschildert werden?

     

    "er zog sich schwerste verletzungen an der linken Hand zu" hätte es doch auch getan

  • E
    Euromeyer

    Die gibt es noch?

    Wau, ich dachte die hätte das Schicksal des Dodo ereilt.

    Nun- Anarchistische `Vereinigung` ist schon eine Absurdität in sich.

    Ich würde ja gerne behaupten, das dies eine Inszenierung Berlusconi-naher Mafiagruppen wäre um die Massen wieder auf Linie mit ihrem Grande Capo zu bringen, aber es wird doch die Taten von momentan so populären `Wutbürgern` sein.

    Deswegen sage ich-`Terroristen` gehören doppelt bestraft, erstens wegen ihrer Taten und zweitens weil sie damit nur die Stärkung des bekämpften Gesellschftsystems erreichen.

    Dumm geboren und nichts aus roten Brigaden, Action directe, Raf, Eta, Hamas, Ossama, Tamil Tigers, IRA... dazu gelernt.

    Nun ja- wenn dann nichts mehr kommt und kein Einzeltätervolldepp, oder eine Hand voll bürgerlicher`Schnauzevoll-haber`gefasst wird, dann war`s tatsächlich eine Unterstützungsaktion der Paten.

  • H
    HuffDuff

    Erstmal: Es ist unnett, so etwas zu tun.

    Es erwischt nämlich die Falschen. Was können die armen Beamten dafür, die die Paketchen auspacken?

    So ein Quark...

     

    Wer so etwas tut, weiß das natürlich. Dass es nämlich die aus seiner Sicht "Falschen" erwischt.

     

    Daraus gefolgert: Wer war es denn nun?

    Ich wüsste da eine weltweit operierende Terrororganisation, die Dogenhandel betreibt und gerne, nachdem sie Menschen kräftig Angst gemacht hat, dieser Angst auch durch Taten Nachdruck verleiht.

     

    Sie beginnt mit "C" und endet auf "A", mit insgesamt 3 Buchstaben.

  • M
    Michael

    Ich finde es schade das auch die taz "Anarchisten" als gewaltbereit bezeichnet :(

     

    Anarchismus setzt die Pazifismus und Gewaltfreiheit ab, echter Anarchismus vermeidet jedliche Form von GEwalt!

     

    Hier wird mal wieder eine alternative Lebensform in Springerischen Ideologien defamiert!

  • D
    drusus

    in italien wurden in der vergangenheit viele bombenattentate vom geheimdienst ausgeheckt - sollte man nie vergessen. wer hat im moment am meisten interesse daran, dass es gewaltsame unruhen gibt?

  • O
    oliver

    noch schlimmer ist, dass die taz unhinterfragt italienische polizeicomuniques zitiert, die inzwischen übrigens wieder zurückgezogen wurden.

     

    ein bisschen mehr zurückhaltung und skepsis hätte ich von der taz erwartet.

     

    bisher gibt es keine hinweise, dass die sogenannten ökoterroristen wirklich menschenleben in gefahr bringen würden. passt nicht ganz....

  • K
    Öko?Terrorist?

    Wenn selbst die italienischen Behörden glaube, dass es italienische Anarchisten waren, muss ich mich doch fragen warum die TAZ im selben Atemzug wieder von islamistischem Terror berichtet. Das ist Panikmache und könnte bei vielen wieder zu falschen Schlüssen führen. Ist der TAZ etwa auch daran gelegen alles mit dem "Islamistischen Terror" in Verbindung zu bringen. Sehr schade TAZ. So spielt ihr den falschen Leuten in die Hände!!!!

  • H
    Helmut

    Nach übereinstimmenden Medienberichten aus der Schweiz handelt es sich bei den Tätern um linksextremistische Anarchisten aus dem Umfeld der Anti-Atomkraftbewegung, die einen in der Schweiz inhaftierten, sogenannten "Ökoterroristen" freipressen wollen.