Anschlag auf dänische Botschaft: Pakistan hält Taliban für Täter
Die dänische Regierung sieht einen Zusammenhang zwischen dem Angriff auf ihre Botschaft und neuer Mohammed-Karikatur.
STOCKHOLM taz Der Selbstmordanschlag auf die dänische Botschaft in Islamabad, bei dem am Montag mindestens sechs Menschen getötet wurden, geht nach Erkenntnissen der pakistanischen Sicherheitsbehörden auf das Konto der Taliban. Die Vorbereitungen zu dem Attentat vom Montag seien "minutiös, ähnlich wie bei früheren Anschlägen der Taliban", gewesen, sagte ein Sicherheitsbeamter am Dienstag. Zuvor hatte Dänemarks Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen von einem "feigen und hinterhältigen Anschlag" und "Angriff auf Dänemark" gesprochen. Davon werde sich die dänische Regierung jedoch ihre Außen- und Sicherheitspolitik nicht diktieren lassen. Einen Zusammenhang mit der Aufregung um die Mohammed-Karikaturen oder dem militärischen Engagement Dänemarks in Afghanistan schlossen auch offizielle Stellen nicht aus.
Im April hatte der dänische Verfassungsschutz PET von Hinweisen auf mögliche Anschläge gegen Auslandsvertretungen des Landes gesprochen und diese mit der erneuten Veröffentlichung einer Mohammed-Karikatur in Verbindung gebracht. Die Botschaft in Islamabad war daraufhin zeitweise geschlossen worden. Die dänischen Botschaften in Afghanistan und Algerien wurden wegen Terrordrohungen zwischenzeitlich an geheime Orte verlegt.
Unabhängig davon, ob es einen Zusammenhang zwischen Karikaturen und Anschlag gibt, sieht Lisbeth Knudsen, Chefredakteurin der konservativen Berlingske Tidende, die eine Zeichnung nachdruckte, keinen Grund, diese Entscheidung infrage zu stellen. Ihr Kollege Tøger Seidenfaden von der liberalen Politiken verteidigt ebenfalls den Abdruck, betont aber: "Alle, die wir eine Verantwortung dafür haben, wie sich die dänische Gesellschaft entwickelt hat, haben auch eine Mitverantwortung dafür, wenn unser Land häufiger bedroht wird und verletzlicher geworden ist."
Da sich die Aufregung um diese Karikaturen zwischenzeitlich aber wieder gelegt hatte, kann sich der Soziologe Stig Toft Madsen vom Nordischen Institut für Asienstudien in Kopenhagen vorstellen, dass die dänische Botschaft in Pakistan womöglich stellvertretend für die westliche Truppenpräsenz in Afghanistan als Anschlagsziel ausgewählt wurde. Mit der mittlerweile geschlossenen norwegischen Botschaft sei sie die einzige Auslandsvertretung von in Afghanistan engagierten Staaten in Islamabad gewesen, in deren Nähe man aufgrund der Sicherheitsabsperrungen noch mit einem Auto gelangen konnte.
Dänemark sei in einer vergleichbaren Situation wie die USA und Israel, konstatierte Søren Espersen, außenpolitischer Sprecher der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei. Er forderte eine militärische Sicherung der Auslandsvertretungen Dänemarks durch eine Spezialtruppe. Margrethe Vestager, Fraktionsvorsitzende der liberalen Radikalen, warnte vor einer solchen "Bunkermentalität". Angebracht sei eine diplomatische Offensive, mit der Dänemark versuchen solle, zu einer Entspannung des Verhältnisses mit der muslimischen Welt zu kommen. RWO
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