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Anna Klöpper über trügerische Höhenflüge auf dem WeihnachtsmarktZweimal Kettenkarussell, bitte

Weihnachtsmarkt: Alles dreht sich Foto: F.: Rolf Zöllner

Es gibt Weihnachtsmärkte, die täuschen ein gewisses Niveau vor: der an der Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg zum Beispiel, wo der Glühwein skandinavisch angehaucht als Glögg daherkommt, auf Wunsch auch in Geschmacksrichtung Heidelbeere. Die Bratwurst ist aus Elchfleisch, das Kunsthandwerk ist schön, die Kinder drehen sich auf alten Holzpferden im Kreis. Manche Weihnachtsmärkte haben gar einen politischen Anspruch, sind vegan oder queer oder haben sonst eine Idee.

Das ist löblich, hat aber auch etwas ziemlich Abgehobenes. Weihnachtsmärkte sind keine angemessene Freizeitbeschäftigung für den Pöbel mit Bildung, aber wenn die Bratwurst aus Elchfleisch ist und die Deko stimmt, ist es okay.

Andere Weihnachtsmärkte sind ehrlicher. Der am Roten Rathaus zum Beispiel: Lebkuchenherzen, besoffene Touristen, billig blinkende Plastikautos. Dem Kind wird gleich ganz besinnlich zumute, ausnahmsweise greift es nach meiner Hand – was ihm eigentlich unter keinen Umständen mehr passiert, seitdem es in der Schule ist – und ist für fünf seltene Minuten am Tag vollständig verstummt. Keine Geschichten über „Star Wars“, keine Anekdoten aus dem Leben gefährlicher Echsen und seltener Schlangenarten. Stattdessen: zweimal Kettenkarussell, bitte.

Eine Kettenkarussellfahrt kann einem mit dem Thema Weihnachtsmarkt durchaus versöhnen. Man muss den Blick nur beharrlich entweder auf die Zehenspitzen oder aber den Horizont richten, dann fühlt man sich lächerlicherweise beinahe ein bisschen wie in so einer romantischen Hollywoodkomödie. Nur auf das Labyrinth aus Sperrholztrennwänden, Verkaufsbuden und den schmutzigen Gassen dazwischen darf man auf keinen Fall schauen: eine ziemlich brutale Totale des Treibens, die einem den Appetit auf Crêpes, den man gerade noch verspürte, wieder zunichtemacht.

Kurz bevor mir von der Dreherei übel wird, ist die Fahrt auch schon wieder zu Ende. Wir essen noch ein paar gebrannte Mandeln, gehen einer Gruppe völlig besoffener Russen vor der „Wodka-Hütte“ aus dem Weg und sind wieder draußen. Zu meiner Überraschung haben wir uns ehrlich amüsiert.

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