Anja Hajduk, GAL-Parteivorsitzende : Schwarz-grüner Dialog der Kulturen
Singende Politikerin: ANJA HAJDUK, 44, grüne Bundestagsabgeordnete und bald Senatorin in Hamburg.
Die Frau kann echt nerven. Mit an Staubtrockenheit grenzender Präzision pflegt Anja Hajduk ihre Worte zu wählen im offiziellen Gespräch – und in politischen Verhandlungen erst recht. „Akribisch“ sei sie, grinsen ParteifreundInnen, „unermüdlich penetrant“, seufzt hingegen ein Hamburger Christdemokrat, der seit Mitte März an die 100 Stunden mit Hajduk an einem Tisch sitzen durfte. Oder musste.
Denn wenn die Parteivorsitzende der Grün-Alternativen Liste (GAL) nach fünf, sechs oder sieben Stunden Verhandlungen mit der Union in ihren Akten blättert und sagt: „Ach, da hab’ ich noch was, da müssen wir noch drüber sprechen“, dann rollt mancher auf der anderen Seite des Tisches schon mal mit den Augen. Dass die Grünen noch diskursfreudiger sind als befürchtet, haben Hamburger CDUler bereits eingeräumt, dass sie und allen voran Hajduk zudem faktensicher und detailverliebt sind, geben sie nur hinter vorgehaltener Hand zu. Schwarz-Grün ist, so zeigt sich, auch ein Dialog der Kulturen.
Und den führt die Diplom-Psychologin im Team mit der Fraktionsvorsitzenden und Spitzenkandidatin bei der Bürgerschaftswahl am 24. Februar, Christa Goetsch, mit großem Geschick. Die beiden Frauen sind die unumstrittenen Chefinnen bei den Grünen an der Elbe, obwohl oder eher weil sie so unterschiedlich sind. Die 55-jährige Lehrerin Goetsch – ein Temperamentsbündel, dem niemand übel nimmt, wenn in der Hitze des Gefechts mal eine Formulierung danebengeht – wird in ihrer Partei geliebt. Die elf Jahre jüngere Hajduk – ein Muster an Fleiß, Beharrlichkeit und Disziplin – wird hoch geschätzt und respektiert. Dem schwarz-grünen Senat, der dieser Tage Gestalt annimmt, werden beide angehören: Goetsch als Schulsenatorin und Zweite Bürgermeisterin, Hajduk wird das Ressort Stadtentwicklung und Umwelt übernehmen oder die Sozialbehörde.
Weder bei CDU noch GAL gibt es Zweifel, dass sich Hajduk in beide Ämter rasch einarbeiten würde. So, wie sie sich von 1997 bis 2002 in der Bürgerschaft und seitdem im Bundestag auf ein Thema spezialisierte, von dem sie anfangs „kaum einen Schimmer hatte“, wie sie seinerzeit zugab: Haushaltspolitik. „Geld ist eine Frage von Macht- und Einflussverteilung“, so Hajduks für sie typische Begründung.
Im privaten Umgang hingegen kann die Frau mit der klassischen Gesangsausbildung fast überraschend launig und humorvoll sein. Und als die GAL im vorigen September im Schmidt-Theater an der Reeperbahn ihren 25. Geburtstag feierte, stand die Vorsitzende in Abendkleid und Federboa auf der Bühne. Und sang Sinatras Evergreen „I did it my way“. Sven-Michael Veit