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American PieGrausen in Denver

■ Football: Ohne John Elway steckt der Titelverteidiger in Schwierigkeiten

Bye, bye Miss American Pie

Ein Gastspiel bei den Tampa Bay Buccaneers gehört nicht unbedingt zu den gefürchtetsten Erlebnissen in der National Football League (NFL). Die Denver Broncos, zuletzt zweimal Gewinner der Super Bowl, blicken dem Match am kommenden Sonntag dennoch mit einem gewissen Grausen entgegen. Sollten sie erneut verlieren, wäre dies am dritten Spieltag der jungen Saison die dritte Schlappe und der Traum vom „Three-peat“, dem dritten Super-Bowl-Triumph in Folge, schon fast ausgeträumt. Noch nie wurde eine Mannschaft, die mit drei Niederlagen in die Saison gestartet war, am Ende Meister.

Schon bei der heftigen 21:38-Niederlage im eigenen Stadion gegen die Miami Dolphins zeigte sich deutlich, was die Broncos 1999 von ihrem Vorläuferteam unterscheidet. Die Differenz hat einen Namen: John Elway. Die Verabschiedung des nach 16 erfolgreichen Jahren in der NFL wegen körperlicher Probleme zurückgetretenen Quarterbacks in der Halbzeit geriet schon fast zur Trauerfeier. Ohne Elway, das bewies auch die 10:26-Pleite in Kansas City am Sonntag, sind die Broncos weit entfernt von der Souveränität des vergangenen Jahres, als sie einen 13:0-Start hinlegten. Der 24-jährige Brian Griese, von Coach Mike Shanahan überraschend zum neuen Quarterback auserkoren, spielte zwar recht ordentlich, seinen Vorgänger konnte er jedoch bei weitem nicht ersetzen.

„Elway war nicht nur ein großer Spieler, er war auch ein Anführer“, sagt Kansas-Linebacker Donnie Edwards, was erklärt, wieso das Spiel der Broncos in allen Bereichen zu wünschen übrig lässt. Running Back Terrell Davis kam bislang selten zu seinen gefürchteten Läufen, und die Abwehr war erheblich löchriger als gewohnt. Am stärksten wirkt sich Elways Fehlen natürlich in der Offense aus. „Wenn wir im letzten Jahr einen Fehler gemacht haben“, so Verteidiger Tyrone Braxton, „hat unsere Offense einfach 38 Punkte gemacht. Wir haben 23 abgegeben, alles war großartig, jeder war glücklich.“

Diese Zeiten sind vorbei, doch ganz so schwer hatte sich Denver das Leben ohne Elway nicht vorgestellt. Im Trainingscamp waren die Spieler noch mit T-Shirts herumgelaufen, auf denen „Back-to-back-to-back“ stand, und der noch von keinem NFL-Team geschaffte Three-peat war das erklärte Ziel. Tight End Shannon Sharpe hatte zum Abschied John Elways erklärt: „Ganz abgesehen davon, dass die Welt nicht untergeht, erwarte ich, dass ich am letzten Sonntag im Januar in Atlanta spiele.“ Die Leichtigkeit, mit welcher der 38-jährige Dan Marino, lange Zeit der große Rivale von Elway um den Titel des besten Quarterbacks, seine Dolphins in Denver zum Sieg führte, lässt es jedoch wahrscheinlicher erscheinen, dass Sharpe und Kollegen am Tag der Super Bowl in Atlanta längst im Urlaub weilen. Schließlich hatten die Broncos Miami in den letzten Playoffs noch fast beiläufig abgefertigt.

„Man kann auch nach einem 0:4-Start noch die Playoffs erreichen“, meint Mike Shanahan trotzig, doch dass dies bei nur 16 Saisonpartien nicht allzu wahrscheinlich ist, weiß der Coach selbst. Hinzu kommt, dass der Spielplan den Broncos eine ganze Reihe dicker Brocken beschert. Auswärts stehen Teams wie New England, San Diego oder Jacksonville auf dem Programm, zu Hause empfängt Denver unter anderen die Titelfavoriten von den New York Jets, Minnesota Vikings und Green Bay Packers. „Du musst rausgehen und dich jeden Sonntag beweisen“, sagt Shanahan, „wenn du das nicht tust, entgleiten dir die Dinge ganz schnell.“ Am Sonntag in Tampa wird es höchste Zeit für sein Team, diesen Prozess zu stoppen. Matti Lieske

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