: Altenpflege ohne Ausbildung -betr.: "Altenpflege droht der Notstand", taz vom 4.5.94
Betr.: „Altenpflege droht der Notstand“, taz v. 4.5.
Wir haben ein Problem! Das Arbeitsamt hat die aktuelle Krise der Ausbildung in der Altenpflege zugespitzt, indem es begrüßenswerterweise die Arbeitsförderungsgesetzmittel gestrichen hat, um so die Etablierung einer Erstausbildung in der Altenpflege zu erzwingen. Es ist für die in den bisherigen Ausbildungsträgern arbeitenden MitarbeiterInnen bedauerlich, daß diese Notwendigkeit über einen solch relativ brutalen Schritt eingefordert wird, aber vor dem Hintergrund der weitgehenden Passivität der Träger der Altenpflegeeinrichtungen und der politschen Instanzen kommt diese Notbremse hoffentlich noch rechtzeitig. Es ging auf der Fachtagung und auch sonst um die Frage, wie ausreichend qualifiziertes Personal für die Altenpflegeeinrichtungen gewonnen werden kann. Nach der Meinung der meisten TeilnehmerInnen ist dieser Anspruch nur über ganz normale Berufsausbildungsstrukturen als Basis und ergänzende Aktivitäten im Bereich der Fort- und Weiterbildung, bis hin zum Aufbau von Strukturen im wissenschaftlichen Sektor, zu realisieren. Es geht um die Herausbildung einer Infrastruktur, wie sie fast überall im Arbeitsleben besteht - nur eben im Bereich der weibliche geprägten Sozial- und Gesundheitsberufe bisher nicht. Seit 1977(!) gibt es eine duale Berufsausbildung „Altenpflege“ in Hamburg, die inzwischen etwa 80 % der Altenpflegeabsolventen durchlaufen. In vielen Bundesländern steht die Einführung einer solchen Ausbildungsform bevor, in Bremen dümpelt dieses Problem bisher vor sich hin. Dabei ist der Bedarf deutlich. Die Heime müssen aufgrund einer 1993 erlassenen Bundesverordnung mindestens 50% qualifizierte Fachkräfte beschäftigen. Die Pflegeversicherung wird eine Ausweitung professioneller Pflege sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich mit sich bringen. Und ausgerechnet in dieser Situation erweist sich der scheinbar bequeme Weg einer Ausbildungsfinanzierung über die Töpfe der gesetzlichen Sozialversicherungen als platzende Seifenblase. Bremen hat ein echtes Problem. Die Beteiligten werden die Köpfe aus dem Sand heben müssen. Helmut Zachau
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