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Als säßen wir selbst im Zauberhut

■ Im Bremer Zaubertheater tummeln sich die Magier, Komiker und Illusionisten

„Man hat ja viele Tricks zu Hause“, sagt Steinmetzmeister Karl-Otto Kahnert. Weil sein Beruf „mit traurigen Anlässen zu tun hat“, ist er innerlich: Zauberer. „Die Zauberkunst hat so ihre verschiedenen Sparten“, erklärt er: „Die Kartenkunst, Mentalmagie, die großen Illusionen, Manipulationen und die komischen Zauberer.“ Davon gebe es hier einen, den man schon am Vornamen erkenne. Karl-Otto mit den roten Punkten auf der blauen Fliege meint sich selbst damit.

Der Magische Zirkel von Bremen e.V. hat geladen, zum Simsalabim im Bremer Zaubertheater. Einmal im Monat lassen die heimlichen Zauberer hier ihre gesammelten Tricks nach draußen. Im Hinterzimmer eines Neustäder Wohnhauses, früher Lagerschuppen, jetzt Clubraum, Bühne und (Zauber-)Theater in Einem. „Wir sind keine Zauberschule“, meint die einzige Frau im magischen Verein, Julia Hornbogen, „wer zu uns kommt, muß schon zaubern können.“

Es muffelt, als säßen wir selbst im Zauberhut. Spielkarten kleben an den Wänden. Stammtischatmosphäre. Magisch rot ist erst mal nur der große Bühnenvorhang. Zauberer Karl-Otto sendet seinen „magischen Strahl“ und erschlägt mit dem Original Karl-Otto-Verschwinde-Hammer zarte Seifenblasen. „Jeder muß seinen eigenen Stil finden“, ist seine Erkenntnis. „Wenn man versucht, einen zu kopieren, den man im Fernsehen gesehen hat, geht das garantiert in die Hose.“

Alle müssen mal auf die Bühne, denn Pierre und Alex sind Profis, die mit Show Geschäfte machen. Conferencier Pierre Chuchana mit dem fransösischen Aksent hüpft von Tisch zu Tisch — table hopping oder „Zauberei ganz nah“, wie er es nennt. Er ist einer von den Mentalen, läßt Kreisel und Gedanken schwingen. Vom Geldscheintrick beim Vorstellungsgespräch in der Bank zur Music Magic Show ist Alex Anders vorgedrungen. Mit Rauchigem vor Glitzerfäden mit Lichterketten verwandelt er den kleinen Vereinsraum ins postmoderne Variete. Rosen tanzen und Zigaretten schweben zu fetzigem Sound. Charmant bahnt sich Alex seinen Weg durch die Unwirklichkeit.

„Zaubern ist nichts Unwirkliches, du mußt es nur so zeigen“, sagt er. „Man kann sich die Tricks ja auch in Fachgeschäften kaufen. Trotzdem sind sie wie beim Maler die Farben. Das kann manchmal stinklangweilig sein.“ Ums Lachen und Staunen gehe es ihnen, sagen die drei. Karl-Otto, der Bärtige: „Man muß selbst staunen können. Jeder weiß, daß keiner zaubern kann, und dennoch glauben's die Leute.“ Pierre findet auch das Träumen wichtig. Ins Bremer Zaubertheater kommt er, weil die Leute hier so viele Ideen haben. „Es hat was Amateurhafes, das ist nett und spontan, und anstrengend.“ Silvia Plahl

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