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Als Rilke über die Sexualpsychologie des gemeinen Handwerkers nachdachte

In, du weißt's, noch jedem Leben

sind umdunkelt frühe Zeiten,

da sich arme Eitelkeiten

ahnungslos die Blöße geben;

Zeiten, da das Männlichwerden

eng mit Fertigkeit verwoben;

da die Mädchen, lächelnd, loben

und beschenken mit Gebärden

jenen, der mit Hirn und Kraft

ihre Fahrradkette spannt;

der mit starker Jungen Hand

jene lichten Welten schafft,

welche Mädchen sich erträumen:

hell und sorglos wie sie selber.

Also spinnen diese Kälber

von beseelt-betreuten Räumen

wissend mannhafter Regie,

wo Probleme, kaum entstanden,

augenblicks im Nichts versanden.

Und sie wissen gern nicht, wie.

Dies Versprechen, diese Frauen,

dieses Lieben, dieses Loben:

läßt am Ende, ganz verschoben,

Männer blind darauf vertrauen,

daß sie helfend Männer werden.

Und nur sind. Und anders nie.

Und so werden sie zu Vieh;

zum Bestandteil jener Herden,

die, von Männern meist bestellt,

fliesenlegen, klempnern, sägen

und dabei stets eins erwägen:

Mach ich heile, bin ich Held.

Ach! Dies ist es, was sie nicken

und gehorsam spuren läßt:

Glaubend: Dieses sei ihr Fest.

Und: Die Hausfrau werd ich ficken.

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