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Archiv-Artikel

Alltäglicher Rassismus

betr.: „Der Flüchtling zwischen Ost und West“, taz vom 3. 4. 08

Als vielfacher Besucher der Stadt Rudolstadt empfinde ich die Berichterstattung in den Medien gar nicht so schlimm, schließlich gibt es rassistische Äußerungen, Handlungen bzw.Sympathien in jeder deutschen Stadt und es geht ja nicht um eine Diffamierung dieser so schönen Kleinstadt.

Ich empfinde es als gut, dass das Thema „Alltäglicher Rassismus“ hier auch mal unabhängig von einem direkten Gewaltvergehen thematisiert wird. Als Sozialarbeiter an einer Schule kann ich nur sagen, dass Rassismus in Deutschland vielfach vorkommt und oftmals unterschwellig. Von daher wundert es mich nicht, dass die Stadtverantwortlichen wenig oder nichts davon mitbekommen haben.

Es geht wohl auch weniger um den Ruf der Stadt, sondern darum, wie man mit dem Phänomen des Umgangs mit anders aussehenden Menschen in den öffentlichen Einrichtungen und Plätzen umgeht. Ich finde es gut, dass nun der Dialog mit der Familie gesucht wird. Vielleicht wären auch klare Positionen im Stadtbild wichtig. Bei jedem Besuch in Rudolstadt waren – neben all den tollen Sachen wie Theater, Schillerhaus und Heidecksburg die Hakenkreuze an Häuserwänden oder Neonazi-Präsenz deutlich zu vernehmen. Ich würde mich freuen, wenn es gelänge, den Rassismus-Vorwurf nicht zu negieren oder abzuwehren, sondern zu nutzen, um aktiv für ein achtungsvolles Rudolstadt zu werben.

An unserer Grund- und Hauptschule gab es auch viel Gewalt und Rassismus, die früher unterm Tisch gekehrt wurden. Seit dem man damit offen umgeht und sagt, Gewalt gibt es an unserer Schule und wir tun etwas für das soziale Klima, sind die Gewalttaten und Anfeindungen deutlich zurückgegangen.

Ich wünsche allen politisch Verantwortlichen und Bürgerinnen und Bürgern von Rudolstadt viel Glück und Sensibilität im Umgang mit den Medien und Familie Neuschäfer und hoffe, dass man sich mit Familie Neuschäfer kein „Außenfeind-Bild“ sucht, sondern die Kraft nutzt für interne Überdenkungen. DETLEF RÜSCH, Freising