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■ Alkohol war natürlich auch im SpielEin winterlicher Herrenabend

Natürlich ist die ganze Sache bei Bekannten von Bekannten passiert, wie das in solchen Fällen immer zu sein pflegt.

Man hatte sich im Hause eine Bar eingerichtet. Gewöhnlich wird eine solche im Keller untergebracht; in diesem Falle war das nicht möglich, denn der Keller war schon feucht genug. Folgerichtig wich man auf den Dachboden aus. Den erreichte man durch eine Luke, zu der eine steile Treppe hinaufführte.

Eines Abends, in der kalten Jahreszeit, fand dort etwas statt, was wohl allgemein als Herrenabend bezeichnet wird. Es wurde getrunken. Und noch ein bißchen getrunken. Und dann noch ein bißchen und ordentlich Garn gesponnen. Und gegen Ende hin war die Runde ganz schön schicker.

Wer die Idee dann ursprünglich aufgebracht hatte, hätte hinterher niemand mehr zu sagen vermocht. Jedenfalls ging es darum, auf Skiern die Treppe hinunterzufahren, die einladend in glänzendem Holz lockte. „Fünfzig Liter Bier für den, der's macht!“ rief schließlich einer, dem die Debatte allmählich zu langweilig wurde. Ein wahrer Sturm von „Ja!“ und „Wer wagt's?“ und neuen Ideen brach los. Und man setzte noch einen drauf: Nackt sollte der Abfahrtsläufer sein! Das war der Gipfel! „Hundert Liter Bier für den, der nackt auf Skiern runterfährt!“

Es ist kaum zu glauben, aber es fand sich einer. Gesagt, getan, Kleidung ex und hopp, Skier unter die Füße und los! Alles stand drum herum und grölte und feuerte den Nackten an.

Derweil wurde unten Oma wach, vielleicht von dem Tumult geweckt, vielleicht auch nur, weil ein dringendes Bedürfnis sich meldete. Schwerfällig nachtverschlafen in die Pantoffeln und über den Flur. Aber da: ein nackter Mann. Auf Skiern!

Das hielten Omas Nerven nun doch nicht aus: Die Sinne verließen sie. Im Fallen riß sie den Schirmständer um und fiel in der Folge derart unglücklich, daß sie sich ein Bein brach.

Die Lustigkeit fand daraufhin ein jähes Ende. Ein Nachdenken setzte ein, wie Oma ins Krankenhaus gebracht werden könnte. Keiner war mehr fahrtüchtig. Skier? Der Gedanke wurde noch im Ansatz abgewürgt. Es blieb keine Wahl, als Oma von einem Krankenwagen abholen zu lassen. Nach dem Schock konnte man den restlichen Rausch nur noch verschlafen.

Am nächsten Morgen, halbwegs frisch, machte man sich auf zu einem Krankenbesuch. Doch, o Schreck, Oma war nicht aufzufinden. Sie war nicht in der Ambulanz. Auch nicht in der Chirurgie, ebensowenig auf Intensivstation. Sie war in der Psychiatrie! Denn der Oberarzt hatte sie gefragt, wie das passiert sei, und arglos hatte Oma die Wahrheit gesagt. Gerlinde Althoff

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