■ Algeriens Staatschef wurde in seinem Amt „bestätigt“: Lizenz zum Töten
Es kam, wie es kommen sollte: Mit absoluter, aber unverdächtiger Mehrheit wurde der General a.D. als algerischer Staatspräsident bestätigt. Die Wahlbeteiligung war unerwartet hoch. Obwohl militante Islamisten drohten, jeden, der zur Abstimmung geht, zu ermorden, sollen fast 75 Prozent der wahlberechtigten AlgerierInnen gewählt haben. Bei den ersten freien Parlamentswahlen 1991 waren es nur 59 Prozent. Ein überwältigender Vertrauensbeweis für den von den Militärs eingesetzten Zéroual also?
Ein Umstand läßt aufhorchen: Die ersten Zahlen über Ergebnis und Wahlbeteiligung kamen aus dem Büro des Generals. Die offizielle Wahlleitung bemühte „technische Probleme“, um zu erklären, warum ihr solche Angaben noch nicht vorlagen. Mußte da vielleicht erst nachgebessert werden? In seiner ersten Erklärung bedankte sich Zéroual bei Militär, Gendarmerie und Polizei für den reibungslosen Ablauf der Wahlen. 300.000 „Sicherheitskräfte“ sollen im Einsatz gewesen sein. Vor den Wahllokalen standen Panzer. Und in den Quartieren, die die in die Illegalität gedrängten Islamisten dominieren, standen erst gar keine Wahlurnen. Ein ganz normaler Ablauf also? Befriedigende Antworten auf diese Fragen wird es so bald nicht geben. Die Umstände, unter denen die Wahlen stattfanden, sprechen jedoch für die Argumentation jener Oppositionellen, die zum Boykott aufriefen: Mitten in einem Bürgerkrieg können keine glaubwürdigen Wahlen stattfinden.
Dennoch wird die Abstimmung die internationale Reputation des algerischen Regimes steigern. Schon als 1991 eine Clique aus Militärs und alter Nomenklatura die ersten freien Wahlen seit Algeriens Unabhängigkeit abbrach, übten sich die meisten nichtislamischen Staaten in schweigender Zustimmung. Weil die Demokratie in Gefahr sei, müsse diese halt ein wenig außer Kraft gesetzt werden, hieß es damals. Ungeachtet dessen rüstete die westliche Welt, allen voran Frankreich, die algerische Diktatur mit allem auf, was diese zum Krieg gegen die Islamisten brauchte.
Nach der gestrigen Abstimmung werden sich wohl auch bisher eher verhaltene Regierungen hinter das algerische Regime stellen. Der lukrative Tausch Öl gegen Militaria, verbunden mit der Unterstützung eines „vom Volk legitimierten“ Bollwerks gegen den Fundamentalismus, ist verlockend. Die Wahlen wären damit freilich nicht der Einstieg in eine Verhandlungslösung zwischen Regime und Opposition, sondern die von den Militärs gewünschte Lizenz zum Töten. Thomas Dreger
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