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Aktuelle ArbeitslosenquoteMehr neue Jobs, aber nicht für alle

Die Arbeitslosigkeit im Juli ist auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung gesunken. Mehr Spanier wollen herkommen - sie melden sich in Goethe-Instituten für Deutschkurse an.

Die Zahl der Erwerbslosen ist auf den niedrigsten Juli-Stand seit 20 Jahren gesunken. Bild: dapd

BERLIN taz/afp/dapd | Zum Sommer passt die erfreuliche Entwicklung: Die Zahl der Erwerbslosen ist auf den niedrigsten Juli-Stand seit 20 Jahren gesunken. Nur wegen der Ferien nahm die Zahl der Jobsuchenden im absoluten Vergleich mit dem Vorjahresmonat etwas zu und liegt jetzt bei 2,94 Millionen, die Arbeitslosenquote beträgt 7 Prozent.

Die Wirtschaft stabilisiere sich "auf hohem Niveau", sagte Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit (BA). Erwerbstätigkeit und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung seien in saisonbereinigter Rechnung weiter deutlich gestiegen, heißt es im Monatsbericht der Bundesagentur für Juli. Die Konjunktur läuft gut, entlastend wirkt sich auch aus, dass es aus demografischen Gründen weniger Jobsuchende gibt.

Die meisten neuen Jobs gab es im Vorjahresvergleich in der Zeitarbeit, aber auch die Stellen in den Sozial- und Gesundheitsberufen legten um 3 Prozent zu. Die Zahl der Ein-Euro-Jobber ging um ein Drittel zurück. Dennoch sank auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen im Jahresvergleich um 7 Prozent. Sie ging damit allerdings weniger stark zurück als die gesamte Zahl aller Erwerbslosen.

Die Soziallotterie Aktion Mensch kritisierte die Situation der Behinderten. Im Juli seien knapp 180.000 Menschen mit einer Schwerbehinderung arbeitslos gewesen. Während insgesamt die Erwerbslosenzahl im Jahresvergleich um 7,8 Prozent abnahm, bedeute dies bei den Behinderten einen Anstieg um 3,1 Prozent. Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Brigitte Pothmer, rügte, das Spardiktat bei der Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente werde die Schwächsten weiter ausgrenzen.

BA-Finanzvorstand Raimund Becker sieht in der Wirtschaftskrise in Südeuropa auch Chancen auf Zuwanderung in den deutschen Arbeitsmarkts. Etwa in Spanien gebe es großes Interesse, was die steigenden Anmeldungen zu Sprachkursen für das Goethe-Institut belegten. Speziell im Ingenieurbereich "entwickele sich was".

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7 Kommentare

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  • K
    Karl

    Wirklich interessant wären diese Informationen nur, wenn man sie mal mit der alten statistischen Erfassung vergleichen könnte, sprich, wie wäre es denn früher mit der Arbeitslosigkeit gewesen?

    Solange sage ich: Es gibt ca. 5 Mio. arbeitsfähige Bezieher von Hartz-IV ...

  • RE
    Rah Ering

    Das schlimme ist, dass die Allgemeinheit gezwungen wird diese “bereinigte Arbeitslosenstatistik“ (über 1 Mio. Arbeitslose/ Hartz IV-Empfänger werden “rausgerechnet“) – durch teils unsinnige Maßnahmefinanzierungen i.V.m privaten Bildungsträgern/ -einrichtungen – zu bezahlen.

    Beim “outsourcing“ von Arbeitslosen und Hartz IV-Empfängern geht es doch oftmals gar nicht um Qualifizierung bzw. Weiterbildung, sondern darum, dass die “BA-Kunden“ für die Zeit beim privaten Träger aus der Arbeitslosenstatistik rausfallen. Die Bildungs-/Qualifizierungsunternehmen erhalten manchmal nur Geld dafür, dass sie sich lediglich mit den BA-Kunden “abgeben“, also sie beaufsichtigen und Anwesendheitslisten führen; die Leistung der Qualifizierungs-/Bildungsträger existiert häufig nur auf dem Papier, sprich auf den “Teilnehmerzertifikaten“. Auch dies ist Teil einer arbeitsmarkt-politischen Realität.

    Die “Arbeitslosen-Industrie“, die sich um die Jobcenter positioniert hat, rechtfertigt ihre teils nicht vorhandenen Qualifizierungs-/Bildungsleistungen wiederum mit der schlechten Bezahlung durch die Bundesagentur für Arbeit (BA).

    Natürlich weis man bei der BA um dieses Problem; mit Zertifizierungen und “Bildungs-TÜV“ bzw. “Bildungscontrolling“ ist diesem Problem bis heute nicht beizukommen.

  • A
    aurorua

    Über Zwanzig Tausend arbeitslos gemeldete Ingenieure in Deutschland, abgemeldet und in die Langzeitarbeitslosigkeit gedrängt!

    Würden die Trantüten von Beamten und Angestellten bei den Arbeitsämtern sich motiviert und angagiert mit Betrieben und Personalabteilungen in der Wirtschaft zusammensetzen und eruieren was genau braucht ihr, wo und wie müssen wir nachschulen um erwerbslose Ingenieure wieder fit zu machen, könnten tausende von einheimischen Fachkräften in Arbeit gebracht werden.

    Aber insgeheim hat man diese Menschen abgeschrieben und finanziert lieber Deutschkurse für Ausländer.

    Die Wirtschaft freut sich. Ausbau von Dumpinglöhnen in hochqualifizierten Jobs und hochhalten von Arbeitslosenzahlen als Streikbremse und Kompromisszwang bei Arbeitnehmerrechten.

    Deutschland hat genügend Fachkräfte, in fast allen Bereichen, bloß will sie niemand mehr, dank der verlogenen Hetze, Diffamierung und Stigmatisierung, welche seit Jahrzehnten über die meisten Medien verbreitet wird.

    Die wirklichen SOZIALBETRÜGER sitzen in den Chefetagen und Vorständen, bei Banken und Versicherungen.

  • LW
    lars willen

    wer den zahlen der arbeitsagentur glaubt,der kann besser im winter Heu für die Einhörner in den Wald legen,denn es gibt mehr Einhörner als korrekte zahlen von der arbeitsagentur

  • F
    FreiDenker

    Bestes Beispiel in der Neuzeit:

     

    Man nehme einen Job bei Lidl und mache daraus zwei Jobs.

     

    Super, schon wieder ist einer aus der Statistik heraus und wer schon einmal gesehen hat wie bei Lidl gearbeitet wird, der weiß, dies kann man kaum 8h lang am Stück (ohne Langzeitfolgen --- ohne höheren Krankenstand).

  • N
    NotorischerNoergler

    Zur Arbeitslosenstatistik (allerdings derzeit erst bis Mai 2011) informiert wesentlich genauer;

    http://derwahlberliner.wordpress.com/2011/06/26/die-geschonte-arbeitslosenstatistik-–-report-mai-2011-arbeitsmarkt-5/.

    Hier wird unter Abteilung "VI. ALG I und ALG II" für den Monat Mai 2011 eine ALG I + ALG II-Quote von 13 % ermittelt, was einer Anzahl von 5.500.460 Arbeitslosen entspricht.

    Schön wäre es, wenn die Medien so etwas zur Kenntnis nehmen würden, anstatt die manipulierten "Materialien" der BA für Arbeit abzuschreiben.

  • A
    Anny

    Zu beachten ist bei der Zahl der schwerbehinderten Arbeitslsosen, dass nur diejenigen erfasst werden, die dem Arbeitsmarkt offiziell zur Verfügung stehen - also ALG I oder II beziehen. Die steigende Anzahl an wegen Erwerbsminderung Pflicht-berenteten Schwerbehinderten ist hier überhaupt nicht mit einbezogen!!!!

     

    Die Jobcenter drängen die sog. Schwerbehinderten und "Kranken" regelrecht in die Rente. Oft "nur" aus dem Grund, weil sie nicht für alle Arbeitsmaßnahmen und/oder Arbeitszeiten verfügbar sind. So werden sie eben einfach aussortiert, anstatt individuell gefördert und integriert zu werden entsprechend ihren Fähig- und Möglichkeiten.

     

    Nix mit Inklusion - Exklusion steht in Deutschland auf der Tagesordnung!