piwik no script img

Aktionstips für Vegans -betr.: Die von der taz am 11.1.95 im Bürgerhaus Weserterassen veranstaltete Diskussion über die Sylvesterrandale

Betr.: Die von der taz am 11.1. im Bürgerhaus Weserterassen veranstaltete Diskussion über die Sylvesterrandale

Gegen Ende der Diskussion fragte jemand, wie denn wirksam in dieser Gesellschaft Widerstand geleistet werden könne. Die Runde blieb ihm die Antwort schuldig, deswegen hier eine teilweise Antwort: durch Mobilisieren von Menschen.

Im Klartext: Wenn jemand dagegen ist, daß andere Menschen Fleisch essen, muß sie oder er die vegetarische oder veganische Küche populär machen. Dazu könnte man Straßenstände machen, einen Imbiß oder ein Restaurant aufmachen, eat-ins oder cook-ins auf der Straße veranstalten, Flugblätter verteilen, Zeitungsanzeigen schalten, Interviews geben, Filme machen, Ausstellungen erstellen, Bücher schreiben, Schauprozesse führen, Theater spielen, Bilder malen, Lieder singen, demonstrieren, zum Boykott aufforden und was einem sonst noch einfällt.

Wenn dadurch viele Menschen überzeugt werden, müssen die Schlachter ihre Aktivität mangels Absatz einstellen. Wenn nicht, müssen die VertreterInnen dieser Haltung lernen, daß sie ihren Standpunkt nicht durchsetzen können. Die persönliche Frustration aus dieser demokratischen Erfahrung berechtigt nicht, Menschen mit Gewalt zu bedrohen und einzuschüchtern. Wer sich dieses doch anmaßt, muß sich sagen lassen, daß sie/er das Recht auf freie Entscheidung zur Verhaltensänderung von Menschen nicht respektiert und durch eigene anmaßende Gewalttätigkeit demokratische Mehrheiten für Bürgerwehren, Polizeieinsatz und noch mehr Staatsgewalt schafft; und demokratische Mehrheiten dafür, daß noch mehr Geld dafür verpulvert wird als jetzt schon.

Zusätzlich wäre die Frage zu beantworten, was eigentlich nach der Phase der gewalttätigen Befreiung an gesellschaftlichem Leben geplant ist, wenn Gewalt schon als gerechtfertigt dargestellt wird. Sollen dann veganistische Polizeikontrollen gegen heimliche FleischesserInnen eingeführt werden? Oder Blockwarte, die Fleischgeruch melden? Oder Berufsverbot für FleischverkäuferInnenn? Haftstrafen für BäuerInnen, die Tiere halten? Auf keinen Fall könnte so viel Raum zur Artikulation von Protest gelassen werden, wie heutzutage in dieser Gesellschaft. Könnte sein, daß die Ausgegrenzten sich dann mit Gewalt dagegen wehren würden!

Harald Schütt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen