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Afghanistan: Flotter Rückzug der Russen

■ Gerassimow bestätigt Meldungen über Abzug der sowjetischen Truppen in den nächsten zwölf Monaten

München/Kabul (ap/dpa) - Die Sowjetunion will nach Abschluß entsprechender Friedensvereinbarungen spätestens innerhalb eines Jahres ihre Truppen aus Afghanistan abziehen. Der Sprecher des sowjetischen Außenministeriums, Gennadi Gerassimow, sagte am Montag im Münchner Presseclub, die sowjetische Führung habe für den Truppenabzug neuerdings eine Frist von sieben bis zwölf Monaten angesetzt. Er schränkte jedoch ein, diese Frist sei wegen der laufenden Verhandlungen noch nicht verbindlich. „Der Truppenabzug kann nur geschehen, wenn sich dort auch keine anderen Staaten einmischen“, betonte er. Der „politische Beschluß“ über den Truppenabmarsch sei bereits gefallen, sagte Gerassimow. Allerdings bestünden derzeit noch nicht die Bedingungen für die Verwirklichung des Planes. Es liefen zwar Verhandlungen zwischen Afghanistan und Pakistan, aber ein Beschluß sei noch nicht gefallen. Habe die Sowjetspitze früher eine Frist zwischen drei und 18 Monaten angesetzt, solle der Abmarsch jetzt spätestens binnen eines Jahres geschehen. Die Süddeutsche Zeitung meldet in ihrer Montagausgabe, der sowjetische Parteichef Michail Gorbatschow habe das Revolutionsregime in Kabul aufgefordert, „so schnell wie möglich“ einem Abzug der Sowjettruppen aus Afghanistan zuzustimmen. Das Blatt bezieht sich auf Ostblock– Kreise in Kabul. Gorbatschow soll den afghanischen Staats– und Parteichef Nadschib in Moskau „geradezu ultimativ“ mit den Worten „Die Revolution muß endlich in der Lage sein, sich selbst zu verteidigen“ unter Druck gesetzt haben. Gorbatschow wolle beim Washingtoner Gipfeltreffen am 7. Dezember die Bereitschaft bekunden, die etwa 120.000 sowjetischen Soldaten nach Abschluß eines Friedensabkommens innerhalb eines Jahres vollständig aus Afghanistan abzuziehen. Die „politische Entscheidung“ sei bereits gefallen, es gehe jetzt nur noch „um die Modalitäten“.

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