Ärger um Wachschutz: Mit Sicherheit ohne Security
Die wiederholt in Kritik geratene Security-Firma Gegenbauer beendet die Arbeit an den Berliner Flüchtlingserstanlaufstellen.
Die Security-Firma Gegenbauer zieht sich vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) zurück. Das berichteten mehrere Berliner Medien übereinstimmend am Freitag unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme der Firma. Diese habe mitgeteilt, sie wolle damit „weiteren Schaden für das Unternehmen“ abwenden, so der RBB.
Der Dienstleister, dessen Eigentümer Werner Gegenbauer Präsident von Hertha BSC und Ehrenpräsident der Berliner Industrie- und Handelskammer ist, ist unter anderem für die Einlasskontrollen an der Lageso-Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge zuständig. Dort sollen Wachleute der von Gegenbauer beauftragten Wachschutzfirma Spysec Flüchtlinge getreten und geschlagen haben. Videos davon tauchten bereits Ende Oktober auf. Vor wenigen Tagen zeigte ein weiteres Video, wie ein Gegenbauer-Wachmann vermutlich in einem Pausenraum des Lageso rechtsradikal gegen Flüchtlinge hetzte. Der Mann wurde entlassen. Als Konsequenz hatte Gegenbauer bereits angekündigt, „sämtliche unserer im Umfeld von Asyl Begehrenden eingesetzten Mitarbeiter nochmals hinsichtlich unserer Unternehmensgrundsätze und unseres Wertesystems“ zu sensibilisieren. Nun wirft die Firma die Arbeit am Lageso offenbar komplett hin.
Laut Tagesspiegel bestätigte Sven Lemiss, Geschäftsführer der landeseigenen Berliner Immobilienmanagent GmbH (BIM), die der Auftraggeber der Sicherheitsdienste am Lageso ist, man werde den Wachschutz dort und an der Erstaufnahmestelle an der Bundesallee neu ausschreiben. Die europaweite Ausschreibung könne allerdings mindestens drei Monate dauern. So lange werde Gegenbauer weitermachen.
Schauten Polizisten weg?
„Gut, dass nach den menschenverachtenden Vorfällen nun Konsequenzen gezogen werden“, sagt Hakan Taş, flüchtlingspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Er hatte Polizeibeamte kritisiert, die in einem der Videos laut Taş „tatenlos zu- bzw. wegschauen“, während Wachschützer Flüchtlinge misshandelten. Polizeipräsident Klaus Kandt hat deshalb den Landesverband der Linken aufgefordert, die Verbreitung der Pressemitteilung mit diesen Äußerungen zu unterlassen.
Linke-Landesvorsitzender Klaus Lederer kritisierte das als Versuch, „Kontrolle und Kritik“ eines Abgeordneten zu „inkriminieren“. Die Partei werde sich dem Unterlassungsbegehren nicht fügen. Auch der Türkische Bund Berlin (TBB), der eine ähnliche Presseerklärung veröffentlicht hatte, hat ein Unterlassungsbegehren des Polizeipräsidenten zugestellt bekommen. Linkspartei und TBB gehen juristisch dagegen vor.
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