Abtreibung und Angst-betr.: Streitgespräch zwischen Jutta Ditfurth und Elisabeth Gräfin Stauffenberg in der Sendung "Monitor" am 13.12.88

betr.: Streitgespräch zwischen Jutta Ditfurth und Elisabeth Gräfin Stauffenberg in der Sendung „Monitor“ am 13.12.88

Natürlich ist Abtreibung nicht unbedingt ein wünschenswerter Weg und sicher auch nicht gerade angenehm für die betroffenen Frauen. Doch wenn Frau Stauffenberg von neuem Leben spricht, das von Gott geschenkt wird, ist mir das zu pauschal. Ich finde es sehr einseitig, wenn sie von amerikanischen Untersuchungen berichtet, die von zu erwartenden Problemen in den Wechseljahren bei Frauen sprechen, die abgetrieben haben. Sie spricht hier von Problemen, die sich bis hin zu Psychosen entwickeln können. Daß sich die gleiche Situation auch ergeben kann, wenn eine Frau aus Angst vor gesellschaftlicher Mißachtung nicht abtreibt und ihr Kind bekommt, verschweigt sie beziehungsweise interessiert sie überhaupt nicht. Mit dieser Warnung vor Psychosen werden Ängste geschürt anstatt abgebaut.

Wir können und sollten lernen über bestehende Ängste, genau das sind Psychosen, zu sprechen, zum Beispiel die Angst vor der Verantwortung für ein Kind, weil man Dinge aus der eigenen Vergangenheit noch nicht bewältigt hat. Angst ist eine ganz natürliche menschliche Erscheinung. Doch davon will Frau Stauffenberg nichts wissen. Ihr geht es nicht um Hilfe und Verständnis, sondern um moralische Stigmatisierung und Anklage.

Frau Stauffenberg sollte anstatt nur von der Biologie von Sexualität und Fortpflanzung zu sprechen, sich einmal mehr mit den Ängsten beschäftigen, die damit verbunden sein können. Darüber muß gesprochen werden, und nicht nur über moralisch ethische Probleme einer Abtreibung. Gerade der moralisch ethische Kodex, auf den sie sich beruft, war häufig die Ursache von Unterdrückung. Deshalb soll und muß die schwierige Entscheidung Abtreibung, ja oder nein allein bei der Frau liegen, die es betrifft.

Harald Wucherer, München 40