Abstimmung über mehr Unabhängigkeit: Grönland will sich emanzipieren
Am Dienstag entscheiden die Inselbewohner in einer Volksabstimmung über eine größere Unabhängigkeit von Dänemark. Umfragen zufolge ist eine Mehrheit dafür.
Eine Fußballnationalmannschaft hat Grönland schon. Diese ist zwar vom Weltverband Fifa noch nicht anerkannt worden, doch das könnte sich bald ändern. Am Dienstag entscheiden die GrönländerInnen in einer Volksabstimmung über eine größere Selbstständigkeit von Dänemark. Um einen souveränen Staat geht es noch nicht, sondern um größere Rechte und Pflichten in Bereichen wie Politik, Wirtschaft und Justiz, die Anerkennung von Grönländisch als Amtssprache und die der GrönländerInnen als eigenes Volk.
Nach 200 Jahren hat Kopenhagen dann auf Grönland nicht mehr so viel zu sagen. Die größte Insel der Welt, die 1814 eine dänische Kolonie und 1953 eine dänische Provinz wurde, erhielt 1979 einen Autonomiestatus, der nun durch eine Selbstverwaltungsordnung ersetzt werden soll. Nur die Geld- und Währungspolitik bleiben dänisch sowie die Sicherheits- und Außenpolitik, soweit es nicht nur um grönländische Belange geht.
"Das ist der einzige negative Punkt des kommenden Selbstverwaltungsmodells", sagt Lars-Emil Johansen, grönländischer Abgeordneter im dänischen Parlament und Exvorsitzender der linken Siumut-Partei, die seit drei Jahrzehnten für ein grönländisches Selbstbestimmungsrecht kämpft. "Ich hätte es gern, wenn wir direkt mit den USA darüber reden könnten, warum sie es schaffen, auf dem Mond zu landen, aber angeblich ihre vor 40 Jahren bei uns verlorene Atombombe nicht finden können." Nun müsse Grönland dafür auch künftig den Weg über Kopenhagen nehmen und da bestehe kein gesteigertes Interesse, sich mit Washington anzulegen.
Doch mehr an Selbstverwaltung war nicht drin, als sich eine von Grönland und Dänemark eingesetzte Kommission im Mai nach dreieinhalbjährigem Tauziehen auf das jetzt zur Abstimmung stehende Modell geeinigt hatte. Ganz aufgeben will Dänemark Grönland noch nicht, solange man die Insel mit jährlich umgerechnet knapp 450 Millionen Euro subventionieren muss. Das entspricht der Hälfte des Staatshaushalts oder rund 8.000 Euro pro Kopf der GrönländerInnen. Doch glaubt man in Grönland auch wirtschaftlich bald auf eigenen Beinen stehen zu können - dank des wachsenden Tourismus, aber vor allem wegen der Bodenschätze, die im Gefolge des Klimawandels zugänglicher werden und deren Erlöse in die eigene Staatskasse fließen werden. Nach Gold, Zink und Diamanten wird gegraben und vor der Küste nach Öl gebohrt. Aluminiumkonzerne haben wegen der mit Wasserkraftwerken billig zu erzeugenden Energie Interesse an einer Ansiedlung signalisiert.
Unumstritten ist die weitere Loslösung von Dänemark in Grönland nicht. Es gibt ablehnende Stimmen, weil ein Staat mit 55.000 EinwohnerInnen nicht überlebensfähig sei. Schon heute komme die grönländische Administration mit vielen Selbstverwaltungsaufgaben nicht klar. Das Land hat große soziale Probleme, die vor allem mit dem raschen Strukturwandel zu tun haben.
Die konservative "Demokratische Partei" hat sich an die Spitze einer Nein-Bewegung gestellt, die meint, das Selbstverwaltungsabkommen sei wirtschaftlich ungünstiger für Grönland als der Status quo: Es beruhe allein auf der Hoffnung, die Bodenschätze des Landes auch bald erschließen zu können.
Trotz dieser Einwände signalisieren letzte Umfragen, dass rund 70 Prozent bei Ja und nur eine Minderheit bei Nein ihr Kreuz machen werden. Die Entlassung in die Selbstverwaltung soll am grönländischen Nationaltag am 21. Juni 2009 erfolgen und mit einem Fest in der Hauptstadt Nuuk gefeiert werden.
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