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Abdruckrechte für "Axolotl Roadkill"Plagiat-Streit beigelegt

Der Ullstein-Verlag hat nachträglich die Abdruckrechte für die kopierten Passagen aus dem Buch "Strobo" eingeholt und wird diese ab der nächsten Auflage von "Axolotl Roadkill" kennzeichnen.

Die Autorin Helene Hegemann wurde trotz der Vorwürfe für den renommierten Belletristik-Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. Bild: dpa

BERLIN dpa | Der Berliner Ullstein Verlag hat nachträglich die Abdruckrechte für bisher nicht genannte Quellen im Bestseller "Axolotl Roadkill" der 17- jährigen Nachwuchsautorin Helene Hegemann eingeholt.

Angesichts der Plagiatsvorwürfe an die 17-jährige Bestseller-Autorin Helene Hegemann hat der Ullstein Verlag nachträglich die Abdruckrechte für bisher nicht genannte Quellen eingeholt. Ullstein-Geschäftsführerin Siv Bublitz entschuldigte sich am Donnerstag in einer Erklärung für die umstrittenen Übernahmen in dem Debüt-Roman "Axolotl Roadkill".

Die Autorin wurde trotz der Vorwürfe für den renommierten Belletristik-Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. Hegemann wies die Vorwürfe an ihrer Arbeitsweise zurück. "Da wird eine jahrhundertealte Debatte auf meinem Rücken ausgetragen. Wenn wir so anfangen, können wir den ganzen Literaturbetrieb gleich dichtmachen", sagte sie.

Hegemann hatte eingeräumt, für ihr Buch Passagen aus dem Roman und Blog eines anderen Autors übernommen zu haben. Der Berliner Ullstein Verlag dankte am Donnerstag "allen Rechteinhabern" für die nachträglichen Abdruckgenehmigungen. Ein entsprechendes

Quellenverzeichnis werde der nächsten Auflage beigefügt, hieß es. Welchen Umfang die übernommenen Passagen ausmachen, wurde nicht mitgeteilt.

"Die Quellen nicht schon in der ersten Auflage des Buches zu nennen, war ein Versäumnis, das Verlag und Autorin bedauern", schrieb Bublitz. "Deshalb den gesamten Roman unter den Generalverdacht des Plagiats zu stellen und seinen literarischen Wert zu bestreiten, halte ich jedoch für völlig inakzeptabel." Dass die Autorin jung sei, gebe niemandem das Recht, ihr die Selbstbestimmtheit als Schriftstellerin abzusprechen.

Die Nominierung für den Leipziger Buchpreis war nach Angaben von Jury-Chefin Verena Auffermann intern bereits zu einem Zeitpunkt erfolgt, als die Vorwürfe noch nicht bekannt waren. Das Gremium bleibe jedoch bei dieser Entscheidung, sagte Auffermann. Der Ullstein Verlag habe bestätigt, dass die Urheberrechtsfragen geklärt würden.

Der Preis für herausragende deutschsprachige Neuerscheinungen und Übersetzungen wird auf der kommenden Leipziger Buchmesse (18. bis 21. März) zum sechsten Mal vergeben. In der Kategorie Belletristik geht Hegemann gemeinsam mit den Autoren Jan Faktor, Georg Klein, Lutz Seiler und Anne Weber ins Rennen.

Im dpa-Gespräch verteidigte Hegemann die Übernahme von Textteilen eines anderen Autors. "Ich habe das nicht einfach munter abgeschrieben", sagte sie. "Es geht hier nicht um Plagiarismus, sondern um Intertextualität - ein Arbeitsverfahren, das sehr viele Künstler benutzen." Zudem handele es sich nur um einige wenige Stellen in ihrem Buch.

Nachdrücklich wies Hegemann auch den neuen Vorwurf zurück, sie habe für eine Kurzgeschichte im Szene-Magazin "Vice" einen Film des jungen deutschen Regisseurs Benjamin Teske ausgeschlachtet. "Mein Text war eine Auseinandersetzung mit dem Film und sollte eine Hommage an Teske enthalten. Das Magazin hat diesen Hinweis einfach nicht mit abgedruckt, geschweige denn das Abdruckrecht für den Text bei mir eingeholt", sagte sie. "Da versucht jemand, auf den Zug aufzuspringen und von der Hetze gegen mich zu profitieren."

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6 Kommentare

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  • C
    Christian

    Sie hat's immer noch nicht geblickt. Sich mit Netzkultur rauszureden könnte funktionieren, wenn sie nicht so grausam ahnungslos wäre, wie Netzkultur tatsächlich aussieht.

  • GM
    gerhard monsees

    Mix the remix.Dieser pedantische Fleiß der Satz-Satz-Vergleiche, dazu dieses ganze Reality-Getöse und Authentizitäts-Geschnasel mal beiseite gelassen, bleibt substanziell immer noch die Frage, wer hier eigentlich wen kopiert. Das neue literarische Wunderkind Hegemann kopiert also den bloggenden Unternehmensberater namenlos. Bis hierhin schon eine komplette Reality-Farce über ein Traupaar der Remixliteratur. Der Unternehmensberater will seinen wirklichen Namen nicht veröffentlichen, worauf das Namenlose von einem Namen gebenden Wunderkind als Kinderfutter der öffentlich Kinder fressenden Fressgesellschaft vorgeschmissen wird. Aber Wunderkind und Unternehmensberater kopieren zusammen beispielsweise Kathy Acker, und Kathy Acker kopierte beispielsweise Harold Robbins, und Harold Robbins beispielsweise Dominique Aurys. Ein Dutzend Blogger und Literaturrecycler mag ich noch vergessen haben. Egal, Ausschlachtungen liefern Ausschlachtungen für Ausschlachtungen, was man anders auch Kunst nennen könnte. Das Wunderkind nennt es „Intertextualität“. Weniger talentfrei hatte Kathy Acker Plagiarismus zur Kunstform erklärt. Kommt nun noch ausgerechnet jemand daher und schreibt wirklich mal was Neues, hat er vermutlich ein Problem: Niemand kann ihn in diesem sich ständig durchmischenden und durcheinander plappernden Remixbetrieb verstehen. Life is art and art is life and you’re just a kopie.

  • IH
    Ilka Hoffmann

    Aha, Abkupfern nennt man jetzt "Intertextualität".

    Intetextualität sind konkrete Bezüge zwischen literarischen Einzeltexten ...Das Klauen von Texten ohne Quellenangeabe ist etwas ganz anderes. Der ganze Hype um das vertmeintliche Wunderkind zeigt eigentlich nur wie bescheuert der Literaturbetrieb ist: Hauptsache die Autorin ist blond und jung und hat einen berühmten Papa.....da kann der Text ruhig mittelmäßig und halb woanders abgeschrieben sein: Hier sind alle Maßstäbe für Literatur verloren gegangen, eine solche Preisvergabe ist eigentlich eine lächerliche Farce........

  • C
    Chris

    Intertextualität? Sharing-Kultur? Kreativer Austausch? Und dann veröffentlicht Ihr auch noch in der Printausgabe eine ganze Seite mit Brecht, Goethe, Schiller und anderen Größen der deutschen Literaturgeschichte, um sie mit einer 17-Jährigen zu vergleichen und gleichzustellen, in ihrem Abschreiben? Wow, sehr mutig, wer hatte denn bei Euch diese glanzvolle, wenn auch peinliche, Idee? Ein unbezahlter Praktikant? Na hoffentlich!

  • L
    Literaturfreundin

    Vielleicht sollte man den heutigen "Literaturstars" etwas mehr Entwicklungszeit geben. Es ist schon eigenartig mit welchen Hunger die Feuilletons sich auf Axolotl Roadkill gestürzt haben und eine 17-jährige zum neuen Wunderkind stilisiert haben. Vitamin B. in Form eines berühmten Vaters hilft eben immer noch. Jetzt hat dieses Wunderkind schnöde geklaut - die Enttäuschung ist groß. Das fühlt sich in etwa so an, als habe die eigene Tochter ihren ersten Joint geraucht. Heutzutage ist es sehr leicht, sich gezielt aus dem Internet an fremdem Eigentum zu bedienen. Das tun viele. Interessant ist jedoch, wie Frau Hegemann dieses Recht für sich selbstverständlich in Anspruch nimmt und sich selbst - durch die Kritik an ihrem Tun - als Opfer stilisiert. Wir wünschen uns mehr Reife - von ihr, ihrem Verlag und den, die sie in den Olymp befördert haben sprich den Feuilletonjournalisten...

  • H
    hammel

    Und hübsch ist sie auch nicht.