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■ AUS POLNISCHER SICHTDer grüne Höhepunkt oder Du darfst mich mal!

Der Öko-Wahn in Deutschland nimmt zuweilen groteske Ausmaße an. Daß es einerseits eine Katalysator-ASU geben wird und andererseits unzählige Trabis und Wartburgs die Luft verpesten, ist kein Anlaß zur Verärgerung, sondern eine historische Notwendigkeit im Klassenkampf zwischen West- und Ostdeutschland, daß in diesem vorbildlichen Ökoland das Trinkwasser so vergiftet ist, wie fast nirgendwo sonst in Europa, eine traurige Tatsache; daß aber der Etikettenschwindel der Industrie und des Handels (Öko-, Bio-, Natur-, »Du darfst«-Diät-, Light-Philosophie) vom Staat gefördert wird, stimmt hoffnungslos. »Der grüne Punkt«, ein vom Bundesumweltministerium betriebenes und gefördertes Programm, ist eine Null-Aktion, die sich auf die zusätzliche Produktion grüner Punkte aus Plastik oder auf gummiertem Papier beschränkt. Andererseits ist es sehr ermutigend, daß hierzulande kaum jemand an solche Pustekuchen glaubt, daß sich vielmehr Empörung breit macht und so das Umweltbewußtsein wachgehalten wird.

Nichts dergleichen in Osteuropa. Die Polen sind im Ökologischen völlig unterentwickelt, obwohl es fast überall ökologisch noch schlechter geht als bei den Ostdeutschen. Dort wäre es aber kontraproduktiv, wenn man eine Ökolinguistik oxymoronischer Art einführen würde. Industrie-Parks, Recycling, der grüne Punkt anstatt Ein-Weg-Landschaft und Giftmüll-Garten. Ohne jahrzehntelanges Training der Deutschen werden sich die Menschen eher daran gewöhnen — wie bei dem Orwellschen »Liebeministerium« (Deckname für Geheimdienst) — als gegen diesen Sprachbetrug revoltieren.

Alle kritisieren die Deutschen: wegen des Vertrags mit der Tschechoslowakei, wegen »Einmischung« in Kroatien, wegen diesem und jenem. Man darf (Du darfst!) die Deutschen kritisieren, gerade weil sie stark sind, aber seien wir ehrlich: alle halbwegs vernünftigen Osteuropäer (selbst die Heiden) beten um das Wohlergehen der Deutschen, um einen raschen Erfolg der Vereinigung. Niemand ist so naiv zu glauben, daß die reichen Deutschen in den Osten kommen, alles reparieren, bezahlen und, ohne auf ein Dankeschön zu warten, wieder gehen. Ein Mißerfolg der Rekultivierung Ostdeutschlands wäre jedoch ein verheerendes Beispiel für alle anderen, die dann für sich nur den Weg der Albanisierung sehen würden. Osteuropa harrt der Treuhand- Beamten, die in Deutschland sich selbst überflüssig machen und Nachhilfeunterricht in Privatisierung geben könnten, wartet auf Aufträge für osteuropäische Firmen in Deutschland, auf Nachfrage nach osteuropäischen Produkten, auf Investitionen. Was Deutschland bisher für Polen unternommen hat, ist bemerkenswert: Schuldenerlaß, Hilfe bei der EG-Assoziierung, (faktische) Aufnahme in das Schengener-Abkommen, Hilfen, Investitionen, gemeinsame Projekte (Oderförderung). Auf der deutschen Seite erwartet man eine angemessene Antwort. Aber die kann nicht kommen aus einem Land, in dem nach zwei Jahren größter Anstrengungen, die Vernunft und die Marktgesetze für das Wohlergehen der Nation arbeiten zu lassen, eine Truppe der antikommunistischen Kombattanten dritter Garnitur das Parlament und die Regierung zum Kabarett machen (polnisch »Zoo«) und das Volk zum Verzweifeln bringen. Der polnische Außenminister Skubiszewski versucht, das Schlimmste zu vermeiden. Angesichts der weitaus massiveren Anstrengungen der neuen politischen »Eliten« kann es allerdings nicht viel bringen. Piotr Olszowka

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