AUF SCHNITZELJAGD : Ein neues Hobby
Eigentlich hatte ich mir fest vorgenommen, mich nicht von meiner grundlos schlechten Laune abbringen zu lassen. Und so gab ich mir also den ganzen Abend lang redlich Mühe, Tobis demonstrativ gute Laune zu ignorieren. Mein Mann hat nämlich ein neues Hobby gefunden, es ist ein bisschen lustig und ein bisschen bescheuert, und zum Glück weiß er das.
Geocashing heißt es, eine profane Schnitzeljagd ist es. Man braucht: einen Anfall von Nostalgie an vergangene Kindergeburtstagstage, Langeweile und die Bereitschaft, Geld in ein GPS-Gerät zu stecken, das man hoffentlich noch zu irgendetwas anderem braucht. Dann geht man ins Internet, in so ein Schnitzeljagd-Forum. Man sucht sich einen „Schatz“ aus („Cache“ heißt das, eine Art Logbuch in einem Kästchen, einer Dose oder einer Filmrolle verstaut und in das sich der Finder eintragen kann, ist es).
Sagenhafte 3,5 Caches pro Quadratkilometer soll es in Berlin geben. Die verstecken die Schnitzeljäger gegenseitig für sich. Im Forum hinterlassen sie dann die Koordinaten, für ihre GPS-Geräte: „N 52°33.abc, E 013°23.def, das ist auf dem Grünstreifen nebenan“, sagt Tobi, ich verdrehe die Augen, ich habe schließlich schlechte Laune.
Ein paar Minuten später laufen wir über den Grünstreifen, zählen die Anzahl der Trampoline (drei), rechnen die Quersumme aller Bänke am Rand minus eins, und amüsieren die Trinker, die auf den Bänken sitzen. Sechs solcher Zählaufgaben muss man erledigen, damit man die restlichen Koordinaten a-f ins GPS-Gerät eintippen kann. Dann kann man suchen – und nichts finden.
„Komm, wir holen uns Schokolade vom Späti und gehen nach Hause“, tröste ich Tobi, nachdem wir eine Weile um den dicken Baum auf der Mitte des Grünstreifens herumgeschlichen sind, zu dem uns dieses GPS-Ding gelotst hat. Wir hatten dann wenigstens beide schlechte Laune. ANNA KLÖPPER