AUF DER LUISENINSEL : Fettig bleiben
Im Wind wogen die Koniferenzweige, rufen böse Erinnerungen wach an das feixende Gesicht des grauhaarigen Bob im Spiegel. Auf dem Weg zum Mausoleum im Charlottenburger Schlosspark reiht sich Douglastanne an Douglastanne. Im Innenohr wird der Dialog aus Twin Peaks abgespult: Special Agent Dale Cooper: „Sheriff, was sind das für fantastische Bäume, die Sie hier überall haben? Groß, majestätisch …“ – Sheriff Harry S. Truman: „Douglastannen.“
Aber Königin Luise von Preußen starb im Juli 1810 nicht durch die Hände des verrückten Serienmörders Bob, der dem Hirn von David Lynch entsprang, sondern an einer Lungenentzündung. Und so liegt sie nun seit 200 Jahren in einem steinernen Sarkophag in dem tempelartigen Mausoleumsbau am Ende der Douglasienallee. Kalt ist es dort. Unheimlich. Der Besucher kommt nicht umhin, sich beim Anblick der Königsärge als Voyeur zu schämen.
Schöner und viel lichter ist’s hingegen auf der Luiseninsel, die Friedrich Wilhelm III. nach dem Tod seiner jungen Frau im Schlosspark errichten ließ. Die Königinnenbüste ist mit frischen Blüten geschmückt, kleine Friedriche und Luisen düsen mit Laufrädern über die Parkwege. Das Restaurant in der Kleinen Orangerie lädt zum sonntäglichen Ausflugessen ein.
Klein ist deren Gastgarten nicht. Hier werden ganze Busladungen versorgt. Monumentale mit Werbung bedruckte Schirme versperren die Sicht auf den Preußenhimmel. Aber so kann man eben auch bei Nieselregen Flammkuchen und Schnitzel Wiener Art verspeisen. Besonders gut schmeckt das nicht, teuer ist es und fettig auch. Letzteres ist kein Problem, liegt doch eine Serviette neben dem Teller. Doch auf dem bunt bedruckten Papiertuch prangt das Antlitz der Luise, wie sie der österreichische Porträtmaler Josef Maria Grassi 1804 sah und in Öl malte. Wir bleiben lieber fettig. KIRSTEN REINHARDT