ATOMKONFLIKT: BUSH WILL DEM IRAN DEN SCHWARZEN PETER ZUSCHIEBEN : Leider nicht mehr als ein Manöver
Die Bush-Administration sei zu direkten Gesprächen mit der iranischen Führung über Teherans Atomprogramm bereit – diese Erklärung ist vor allem in europäischen Hauptstädten und Medien als „Kehrtwende“ der US-Iranpolitik seit 1979 begrüßt worden. Doch steckt hinter dieser „Kehrtwende“ tatsächlich ein von Washington behaupteter Wille, den Nuklearstreit mit diplomatischen Mitteln zu lösen und dabei die legitimen Interessen Irans zu berücksichtigen?
Inhalt und Begleitmusik der Erklärung deuten eher auf ein taktisches Manöver der außen- wie innenpolitisch schwer angeschlagenen Bush-Administration hin. Sie will die internationale Front gegen den Iran im UNO-Sicherheitsrat und darüber hinaus geschlossen halten und den Druck weiter verstärken. Wichtigstes Indiz hierfür ist Washingtons Vorbedingung für die Aufnahme von Gesprächen: Teheran soll die Urananreicherung vollständig einstellen – und damit just in der zentralen Streitfrage der letzten 18 Monate einen Rückzieher machen. Mit dieser Vorbedingung erweckt die Bush-Administration den Verdacht, dass sie auf eine iranische Ablehnung der Gesprächsofferte setzt, um Teheran dann den schwarzen Peter zuzuschieben.
Ebendieses Kalkül haben hochrangige VertreterInnen der Bush-Administration in den letzten Tagen in Hintergrundgesprächen unmissverständlich beschrieben. Ob dieses Kalkül allerdings aufgeht, liegt an der iranischen Führung. Die ersten ablehnenden Reaktionen aus Teheran stimmen pessimistisch, wobei zumindest Außenminister Mottaki angedeutet hat, unter welcher Sprachregelung direkte Gespräche mit Washington beginnen könnten. Deren Erfolgsaussichten blieben allerdings sehr gering, solange die Bush-Administration weiterhin Russlands Kompromissvorschläge zur iranischen Urananreicherung ablehnt und sich weigert, über Sicherheitsgarantien für den Iran auch nur zu verhandeln. Garantien, von denen US-Außenministerin Rice wahrheitswidrig behauptet, sie seien von Teheran gar nicht verlangt worden. ANDREAS ZUMACH