ARGUMENTE GEGEN HANAU-VERKAUF GEHEN AN CHINAS REALITÄT VORBEI : An Moral fehlt es in Berlin
Für was für einen Schurkenstaat halten die SPD-internen Kritiker des Exports der Hanauer Plutoniumfabrik China eigentlich? Sie suggerieren, allein die Einhaltung der Richtlinien der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) könnte das Geschäft zwischen Siemens und der staatlichen chinesischen Atomkraftgesellschaft CNNC verhindern. Und für wie rückwärts gewandt halten die grünen Kritiker des Hanau-Deals die chinesische Energiepolitik, wenn sie unter Berufung auf ein chinesisches Kaufinteresse am deutschen schnellen Brüter unterstellen, China würde den Großeintritt in die Plutoniumwirtschaft vorbereiten? Beide atomkritischen Argumentationen gehen an der chinesischen Wirklichkeit völlig vorbei.
Hat man etwa aus Washington Einwände vernommen, wie sie hinsichtlich des deutschen Anliegens einer Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen China vorgetragen werden? Eben nicht. Weil China auf allen Ebenen in die IAEA integriert ist und, statt ihre Inspektoren zu fürchten, selber welche stellt – wie kürzlich im Irak. Sie werden in China also willkommen sein, um gegebenenfalls die ausschließlich zivile Nutzung der Hanauer Anlage sicherzustellen. Inspektionsbedarf besteht frühestens ab 2015 – das ist in etwa der Zeitpunkt, zu dem Branchenexperten eine mögliche Inbetriebnahme der Anlage in China erwarten. Denn die Pekinger Behörden wiederholen eben nicht den Fehler des Westens, der bis in die Siebzigerjahre den Großteil seiner Forschungs- und Entwicklungskapazitäten im Energiebereich auf die Atomkraft konzentrierte. Stattdessen wird die Atomkraft samt der Plutoniumwirtschaft als Seitentechnologie gefördert, die heute 1 Prozent und 2020 maximal 4 Prozent des Energiebedarfs decken soll.
Gerade deshalb macht der Hanau-Kauf für China Sinn – weil er so billig ist und den 200.000 CNNC-Beschäftigten, davon ein Großteil unterbeschäftigte Atomingenieure, einen Forschungsgegenstand bietet. Es ist sinnlos, bei diesem Geschäft China Mangel an Moral zu unterstellen. An ihr fehlt es vor allem bei den Großverkündern des Atomausstiegs in Berlin. GEORG BLUME