ARBEITSZEIT: DIE EINTEILUNG IN VOLL- UND HALBZEIT IST VERSCHWENDUNG : Für 30 Stunden ins Büro
Vollzeit light – das ist der Jobtraum der deutschen Mütter. Millionen Frauen sind gar nicht glücklich mit ihrer Halbtagsstelle. Dreißig Stunden im Büro – das ist ihr wahres Ideal. Doch noch lässt es sich nur selten verwirklichen. Mit diesen Ergebnissen brachte gestern Wirtschaftsexperte Bert Rürup Schwung in die Kind-oder-Karriere-Debatte.
Seine Studie zeigt, wie überfällig die Abkehr von einem tradierten Dogma ist. Es scheidet die Jobwelt in klare Fronten: Hier die Vollzeitkraft, die intern als einzig karrieretauglich gilt. Dort die Halbtagsjobberin ohne Chance auf Machtposten und Beförderung.
Diese Trennung ist das Relikt einer Zeit, die Mütter allenfalls als Zuverdiener sah und Jobben als Ablenkung für gelangweilte Hausfrauen verstand. Oder als einträglichen Weg, die Zeit bis zum Essen-Kochen zu überbrücken. Dieses Denken dauert fort – obwohl heute Uni-Titel und Spitzenqualifikation ebenso Frauen- wie Männersache sind.
Dabei böten kreative Arbeitszeiten den Ausweg aus einem Dauerdilemma: dem Kindermangel. Längst haben Traditionsgründe für ein Baby ihre Strahlkraft eingebüßt. Kaum ein Paar pflanzt sich fort, weil die Gesellschaft das gebietet – oder weil es sein Alter absichern will. Gerade die Karrierewilligen unter den jungen Paaren zaudern. Sie zu überzeugen braucht es ein deutliches Signal, etwa eine Berufswelt, in der beides vereinbar ist – genügend Zeit fürs Kind und ein Job, der seinen Namen verdient.
Und doch sind flexible Arbeitszeiten kein Opfer der Firmen für die Zukunft der Gesellschaft. Sie sind auch keine generöse Gabe an die emanzipationswillige Frau. Vielmehr sind sie die einzige Chance, einen wirtschaftlichen Wahnsinn zu unterbinden: dass eine Einser-Diplomandin wider Willen auf ein Halbtagspöstchen verbannt ist. Und dass ein Vater seiner Partnerin den Rundumdienst am Baby aufbürden muss, weil er nur dann als engagiert gilt, wenn er bis nachts im Büro sitzt. Unternehmen müssen begreifen: Diese altmodischen Modelle schaden ihnen letztlich selbst.
COSIMA SCHMITT