ARBEITSLOSENHILFE: DIE WICHTIGSTEN KÜRZUNGEN SIND GUT VERSTECKT : Der Schlagzeilen-Faktor
Wer in Deutschland bei den Sozialleistungen kürzen will, steht vor der Frage: Wie schaffe ich die Milliarden heran, ohne dass sich allzu viele Leute darüber aufregen? Die gefühlte Politik ist entscheidend, und dabei sind einige Faktoren zu berücksichtigen: Rentner, Hunde, Autos – neuerdings sind auch Familien wieder ein sensibles Thema. Ganz hoher Bild-Zeitungs-Faktor!
Anders sieht es bei Frauenthemen aus, die greift die Boulevardpresse eher nicht auf. Nicht, weil es so wenig Frauen gibt, sondern weil Klagen über die Benachteiligung von Frauen immer noch zu sehr nach Frustfeminismus klingen, kurz: unsexy wirken. Noch weiter sackt der Schlagzeilenfaktor ab, wenn die Kombination Frauen mal trauriges Thema (Arbeitslosigkeit) mal Komplexität (Einkommensanrechnungen) zusammenkommt. Da kann man sich als Politiker berechtigte Hoffnung machen, dass sich die Aufregung in Grenzen hält.
Zu den Fakten: Was sich in der Reform der Arbeitslosenversicherung tut, verschlechtert die Situation von erwerbslosen Frauen. Die Einsparungen in der Arbeitslosenhilfe sollen sich künftig zu einem großen Teil aus einer verschärften Anrechnung der Partnereinkommen ergeben. Auch wenn der Ehemann ein eher geringes Vollzeiteinkommen nach Hause bringt, hat seine erwerbslose Frau, wenn erst mal der Bezug des Arbeitslosengeldes abgelaufen ist, keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld II oder Jobförderung. So spart man Milliarden und bereinigt die Arbeitslosenstatistik.
Die Kürzungen durch die strengere Anrechnung des Partnereinkommens gehören zu den „leisen Kürzungen“, die nur eine geringe öffentliche Aufmerksamkeit genießen, aber einen vergleichsweise großen finanziellen Effekt haben. Ähnlich wirkt beispielsweise auch die schon erfolgte Absenkung der Rentenversicherungsbeiträge für Erwerbslose, die die Betroffenen jetzt noch nicht merken, sondern erst im Alter. Die Grünen haben angekündigt, an den Plänen noch etwas ändern und die Anrechnung modifizieren zu wollen. Mal sehen, ob sich der Schlagzeilenfaktor doch noch etwas steigern lässt. BARBARA DRIBBUSCH