ANNA KLÖPPER DER WOCHENENDKRIMI : Eine blutige Sause
Da defilieren sie vorbei, die 80er: Mann, war Richard Gere mal jung! Nicht mal der zierliche Oberlippenbart vermag es, ihn als jungspundigen Jazztrompeter Dixie Dwyer in „Cotton Club“, Francis Ford Coppolas großer Hommage an Harlems Halbwelt der späten 20er Jahre, zu entstellen. Und da hüpft Jennifer Grey („Nobody puts Baby in a corner“-Baby in „Dirty Dancing“ drei Jahre später) als Ehefrau von Dixies durchgeknalltem Bruder und Möchtegern-Gangster Vincent durchs Bild.
Aber nein, keine Sorge, Patrick Swayze ist nicht zufällig auch noch einer von den Stepptänzern, die sich da durch Coppolas Harlem swingen.
New York also, kurz vor dem Börsencrash. Zwei Mafia-Clans, die sich um die Vorherrschaft im Wettgeschäft beharken, James Remar als maliziöser Obergangster Dutch Schultz, Diane Lane als dessen ätherische Geliebte Vera Cicero – in die sich leichtsinnigerweise auch Dixie verguckt, als er, ebenfalls leichtsinnigerweise, als Schultz’ Privattrompeter anheuert.
Atemlos taumeln und tänzeln sie dem großen Showdown entgegen. Und so atemlos wie leichtfüßig erzählt auch Coppola sein Sex-and-Crime-Märchen: die Steppschuhe klappern, dezent tropft das Blut vom Kronleuchter, der Jazz gibt den Takt für die blutige Sause und wird im grandiosen Grand Finale zum Totentanz. Immer schneller dreht sich das Mordkarussell, immer schriller wird die Party – am Ende wird Coppolas Verbeugung vor der großen Zeit der Varietés selbst zur Burlesque.
Erstaunlich, dass da auch noch Luft ist für bittere Zwischentöne: Rassentrennung (die schwarzen Tänzer in den Clubs der Weißen haben in etwa den Status von Show-Äffchen), das Recht von Frauen auf Karriere – in diesem Fall: Broadway – statt Heirat (wie es die Tänzerin Lila, gespielt von Lonette McKee, für sich erkämpft).
Darauf noch ein Tänzchen. Welch Vergnügen, dieser Film!
■ „Cotton Club“; So., 22.05 Uhr, 3sat