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Archiv-Artikel

AMERICAN PIE Revolution im grünen Jackett

GLEICHBERECHTIGUNG Erstmals in seiner 80-jährigen Geschichte nimmt der Augusta National Golf Club weibliche Mitglieder auf

Lange blieb Augusta National eine Art Golfclub gewordener Ku-Klux-Klan

Ja, es war ein Sieg für Martha Burk. „Nicht nur für mich“, sagte die Frauenrechtsaktivistin dem Sportsender ESPN, „sondern für die ganze Frauenrechtsbewegung.“ Und dabei ging es nur um Golf: Gerade war bekannt geworden, dass der elitäre Augusta National Golf Club aus Georgia, der alljährlich mit dem Masters traditionell das wichtigste Golfturnier der Welt ausrichtet, erstmals in seiner 80-jährigen Geschichte Frauen aufnehmen wird. Die beiden Glücklichen sind Ex-US-Außenministerin Condoleezza Rice und die millionenschwere Bankerin Darla Moore.

Seit Beginn des neuen Jahrtausends hatte Burk mit der Frauenrechtsorganisation NOW dafür hartnäckig gekämpft und oft beim Masters demonstriert. Sie lag im Dauerclinch mit dem früheren Vereinsvorsitzenden William „Hootie“ Johnson und bekommt nach eigenen Angaben bis heute Morddrohungen von empörten Traditionalisten.

Im Jahr 2012 klingt die Geschichte wie eine Erzählung aus vergangenen Zeiten, doch in Augusta ist es nur die Fortführung eines um Jahrzehnte hinterherhinkenden Modernisierungsprozesses. Lange war der Verein eine Art Golfclub gewordener Ku-Klux-Klan, ein Verein der weißen männlichen Christen. Juden wurde ebenso die Aufnahme verweigert wie Asiaten oder Afroamerikanern. Erst 1990 – Jahrzehnte nach der Bürgerrechtsbewegung und der schrittweisen Gleichberechtigung der afroamerikanischen Bevölkerung – bot der elitäre Golfclub dem TV-Manager Ron Townsend und damit erstmals einem dunkelhäutigen Mann das grüne Jackett an, das die Mitglieder wie eine Art Ausweis tragen dürfen.

Der Club nimmt gern für sich in Anspruch, gesellschaftlichen Entwicklungen zu trotzen und sich nach einem eigenen Zeitplan zu reformieren. Die selbst ernannte Elite schirmt sich ab. Die meisten der ungefähr 300 Mitglieder sind der Öffentlichkeit nicht bekannt, ebenso wenig weiß man über das strenge Aufnahmeverfahren.

Schon seit vielen Jahren steht der Verein unter Druck, auch Frauen im ehrwürdigen Clubhaus an der legendären Magnolia Lane zu akzeptieren. US-Präsident Barack Obama und sogar sein stockkonservativer Konkurrent Mitt Romney forderten zuletzt die Öffnung für Frauen. Bislang aber sträubten sich die Entscheidungsträger des Clubs beharrlich. Selbst als die von Martha Burk angeführten Proteste 2003 zum Rückzug der Masters-Sponsoren führten und dem National Golf Club Millionen an Fernsehgeldern durch die Lappen gingen, gab man nicht nach. Denn Traditionen werden großgeschrieben an der Magnolia Lane. Zu diesen Traditionen gehörte es bis in die Achtzigerjahre hinein auch, dass der Verein ausschließlich dunkelhäutige Caddies für weiße Spieler akzeptierte: Spätkolonialismus auf dem Putting Green.

Dass der Augusta National Golf Club sich nun für Frauen öffnet, sprechen viele Beobachter dem Vorsitzenden William „Billy“ Payne zu, der das Amt vor sechs Jahren übernahm. Seitdem bemüht er sich darum, die elitäre Clubtradition zu wahren und gleichzeitig den Golfsport zu popularisieren.

Martha Burk allerdings will keinen allzu großen Fortschrittsgeist in Augusta erkennen. „Wenn es Billy Payne um die Frauen ginge, hätte er nicht all die Jahre damit gewartet“, sagt sie. Burk weist stattdessen auf eine weitere Tradition hin, die der Club pflegt: Seit der IT-Riese IBM das in Augusta ausgetragene Masters-Turnier sponsert, werden auch die Vorstandschefs des Unternehmens aufgenommen. Über vier Vorstandsperioden waren die IBM-Chefs männlich – doch im Oktober 2011 rutschte mit Virginia Rometty erstmals eine Frau auf den Chefsessel. Der National Golf Club musste sich nun also zwischen zwei Traditionen entscheiden. Die Wahl fiel auf den Sponsor. Gut für die Frauen – und ein Erfolg für Martha Burk. JANNIS CARMESIN